Letztes staatliches Bergwerk in Beuthen schließt
Am 31. Dezember 2025 wird der letzte Kohlenwagen aus dem Bergwerk Bobrek in Beuthen (Bytom) fahren. Am folgenden Tag, dem 1. Januar 2026, wird das Werk offiziell die Kohleförderung einstellen, und der Prozess der Stilllegung beginnt. Dies ist ein symbolischer Moment nicht nur für die Stadt, sondern für ganz Oberschlesien. Bobrek war nämlich das letzte staatliche Bergwerk in Beuthen, ein Ort der Arbeit, der Erinnerung und der Identität mehrerer Generationen von Bergleuten.
Von Gräfin Johanna zu Bobrek
Die Anfänge des Bergwerks reichen in die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg zurück. In den Jahren 1907–1908, obwohl die Bergbauschächte des Konsortiums Paulus–Hohenzollern bereits gut erschlossen waren, entschied man sich zum Bau eines neuen Werks. Es entstand die Grube Gräfin Johanna, benannt nach Johanna Gryzik, der Adoptivtochter von Karl Godulla, einer der bekanntesten und symbolträchtigsten Persönlichkeiten der schlesischen Industrie. Schon dieser Umstand ordnet das Bergwerk in den Kreis großer Namen und Vermögen ein, die das industrielle Oberschlesien prägten.
Foto: Adam Rostecki WikipediaDer erste Schacht, Graf Hans (heute Bolesław), erreichte eine Tiefe von 440 Metern und förderte 1910 die erste Tonne Kohle. Bald folgte der Schacht Gräfin Johanna (heute Józef). Die anfängliche Förderung war bescheiden, doch die Entwicklung erfolgte schnell, und die Kohle aus Bobrek versorgte nahezu vollständig das nahegelegene Kraftwerk Szombierki, eines der wichtigsten Energieobjekte der Region.
Die Schließung von Bobrek ist nicht nur eine wirtschaftliche Entscheidung, sondern auch das symbolische Ende einer Epoche, in der der Bergbau den Tagesrhythmus von Beuthen bestimmte.
Goldene Ära und industrielle Macht
Nach der Teilung Oberschlesiens im Jahr 1922 wurde die Grube eigenständig und firmierte unter dem heutigen Namen. Die Zwischenkriegszeit war die Zeit des größten Aufschwungs. Bobrek erreichte damals die höchste Kohleförderung in ganz Oberschlesien. Es wurden Sortieranlagen, Gleisanlagen und Ladegeräte erweitert, und 1936 ging eine der modernsten Kohlewäschen der Region in Betrieb. Die fortschreitende Mechanisierung der Untertagearbeit machte das Bergwerk zu einem der führenden in Schlesien.
Während des Zweiten Weltkriegs wurde das Bergwerk gezwungen, die Produktion extrem zu steigern. 1943 erreichte es mit etwa 12.000 Tonnen Kohle pro Tag seinen absoluten Höchststand. Dies geschah auf Kosten der Menschen, unter überlasteter Infrastruktur und unter Einsatz von Zwangsarbeitern aus vielen Ländern Europas.
Oberschlesische Tragödie – das dunkelste Kapitel
Die dramatischsten Ereignisse in der Geschichte des Bergwerks ereigneten sich im März 1945. In Beuthen wurde die gesamte Schicht der Bergleute aus Bobrek unmittelbar nach ihrer Rückkehr an die Oberfläche festgehalten und in Viehwaggons in das Innere der Sowjetunion gebracht. Sie kamen in Arbeitslager in Sibirien. Viele von ihnen kehrten nie zurück, und die wenigen Überlebenden waren nicht mehr dieselben Menschen, die an jenem Tag die Grube verlassen hatten. Zermürbende Arbeit, Hunger, Krankheiten und die Brutalität der Aufseher prägten ihren Alltag.
Dieses Ereignis wurde zu einem der eindringlichsten Symbole der Tragödie von Oberschlesien, einer kollektiven Erfahrung von Gewalt und Leid, die das Schicksal von Tausenden von Familien prägte. Das Andenken an diese Bergleute ist bis heute ein untrennbarer Teil der Geschichte des Bergwerks Bobrek.
Letztes Bergwerk von Beuthen
Schacht Bolesław Foto: WikipediaNach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Bergwerk verstaatlicht und erhielt den Namen Bobrek. Über Jahrzehnte funktionierte es innerhalb der Strukturen des staatlichen Bergbaus, durchlief mehrere Reorganisationen und Fusionen, zunächst mit dem Bergwerk Centrum, später mit Piekary. Mit der Zeit wurde die ehemals eigenständige Grube nur noch ein Teilbetrieb eines größeren Bergwerks.
Heute naht das endgültige Ende. Die Schließung von Bobrek ist nicht nur eine wirtschaftliche Entscheidung, sondern auch das symbolische Ende einer Epoche, in der der Bergbau den Tagesrhythmus von Beuthen bestimmte. Der letzte Kohlenwagen wird am 31. Dezember fahren, doch die Geschichte des Bergwerks, verbunden mit den Namen Godulla und Schaffgotsch, mit der industriellen Macht der Region und der Tragödie von Oberschlesien, bleibt dauerhaft in der Erinnerung an Oberschlesien verankert.












