Haferbrei – ein Löffel Geschichte und Genuss
Ein Wundermittel gegen kühle Herbstmorgen, eine sättigende Mahlzeit nach dem Mittagessen, ein nach Lebkuchen duftendes Dessert oder ein nahrhaftes Abendessen nach einem langen Tag – Haferflocken und Grütze sind wahre Alleskönner. Ihre Vielseitigkeit und unzähligen Verwendungsmöglichkeiten sind wohl der Grund, warum sie seit Jahrhunderten so beliebt sind.
Der Hafer stammt wahrscheinlich aus den Donauländern, auch wenn andere Quellen eher auf die Schweiz verweisen. Unbestritten ist jedoch: Hafer liebt Kälte und Feuchtigkeit. Kein Wunder also, dass er in den nördlichen und mittleren Teilen Europas zur Grundlage für Brot wurde – und dass der Haferbrei über die Jahrhunderte hinweg seinen festen Platz in der Küche gefunden hat.
Wir mögen ihn warm oder kalt, cremig oder fest – und besonders im Herbst und Winter schmeckt er einfach köstlich. Wenn ich heute aus dem Fenster schaue und den Himmel seit Tagen in Grau gehüllt sehe, muss ich an das Kunstwerk von Henning Kles denken: „Der Himmel hatte die Farbe von kaltem Haferbrei.“ Treffender kann man es kaum ausdrücken.
Ich kann mir mein Frühstück ohne Haferflocken, Nüsse und frisches Obst kaum vorstellen. Als Kind konnte ich keine Milchsuppe leiden – jede sah scheußlich aus und schmeckte noch schlimmer. Doch das ist lange her.
Ein Blick in die alte Presse zeigt, welche Bedeutung Haferbrei einst in Schlesien hatte. In einer Anzeige der Bismarckhütter Zeitung (1921) empfahl die Firma H. Chmiel für die Feiertage unter anderem Kaffee, Schokolade, Feigen – und Haferflocken. Eine amüsante Werbung fand ich in Der Oberschlesische Wanderer (1906): Der unermüdliche Dr. Oetker forderte junge Bräute auf, die Geheimnisse der Kochkunst zu entdecken, und versprach jeder ein kostenloses Exemplar seiner Kochbücher – mit Rezepten für Backwaren, Milchspeisen und Desserts. Sicher fanden sich darin auch einige Anregungen für die Verwendung von Haferflocken.

Quelle: Schlesische Digitalbibliothek
Hafer war zudem ein wertvolles Grundnahrungsmittel. Im Jahr 1920 erschienen Haferflocken sogar auf Lebensmittelkarten in Lublinitz (Lubliniec), worüber der Landrat im Lublinitzer Kreisblatt berichtete. Und in der Schlesische Zeitung (1876) war zu lesen, dass die Gebrüder Heck in ihrem Geschäft in der Ohlauerstraße 34 beste Tees, Kaffees, geheimnisvoll klingendes Weizenpuder und fein geröstete Hafergrütze anboten. Haferflocken dienten damals auch als Bindemittel für Suppen – und die Firma Knorr bewarb ihre „Bindemittel“ sowie fertige Suppen mit Haferanteil.

Quelle: Schlesische Digitalbibliothek
Zwanzig Jahre später veröffentlichte dieselbe Zeitung eine Ausschreibung des Zuchthauses in Rawitsch (Rawicz) für die Lieferung von Lebensmitteln – mit einer genauen Liste der Mengen. Unter anderem: 4000 kg Hafergrütze!
Wie genau man Haferbrei im 19. Jahrhundert aß, erfahren wir aus einem Ausschnitt der Zeitschrift Der Bote aus dem Riesengebirge (1834):
„Jetzt trat Mutter Else auch wieder ein, się trug eine dampfende Schüssel mit Haferbrei, auf welchem das Rippenstück eines tüchtigen Keulers lag. … „ich fand in der Eile nichts besseres als den Haferbrei, das tägliche Nachtessen unserer Leute. Das Stück Schweinsrippe habe ich aus der Speisekammer der Frau geholt…”

Quelle: Schlesische Digitalbibliothek
Und heute? Ich kann mir mein Frühstück ohne Haferflocken, Nüsse und frisches Obst kaum vorstellen. Als Kind konnte ich keine Milchsuppe leiden – jede sah scheußlich aus und schmeckte noch schlimmer. Doch das ist lange her. Heute steht Haferbrei mehrmals pro Woche auf unserem Tisch – stets warm, cremig und nahrhaft. Danach kann man stundenlang arbeiten oder lernen, und die gute Zusammensetzung eines solchen Frühstücks entfaltet ihre Energie langsam und stetig. Haferflocken sind lecker, gesund und im Nu zubereitet.
Rezept: Cremiger Haferbrei mit Nüssen und Früchten

Foto: M. Janik
Zutaten:
- ½ Tasse Vollkornhaferflocken
- 350 ml Milch nach Wahl
- 1 TL Honig
- saisonale Früchte
- Nüsse, Kürbis- und Sonnenblumenkerne, Leinsamen
- Zimt nach Geschmack
Zubereitung:
Die Haferflocken mit etwas kochendem Wasser übergießen und einige Minuten quellen lassen – das kann man auch am Vorabend tun. Anschließend Nüsse, Kerne, Leinsamen und Zimt hinzufügen, die Milch dazugießen und bei kleiner Hitze unter Rühren köcheln lassen, bis der Brei cremig wird. In eine Schüssel geben, mit Früchten garnieren und mit Honig beträufeln. Fertig!
Tipp:
Wer es süßer mag, kann gleich zu Beginn gehackte Trockenfrüchte wie Äpfel, Birnen oder Aprikosen zugeben.