Wäre er heute am Leben, wäre er der Star unzähliger Klatschportale. Über sein Vermögen würden Wirtschaftsrankings berichten, Lifestyle-Medien würden sich mit Fotos seiner Residenzen, Jagden und prunkvollen Feste überbieten. Doch Hugo I Henckel von Donnersmarck benötigte keine PR, um zu einer der faszinierendsten Persönlichkeiten der Geschichte Oberschlesiens zu werden.
Er gehörte zu den reichsten Menschen seiner Epoche, einem Mann, der seiner Zeit voraus war – sowohl wirtschaftlich als auch gesellschaftlich. Zudem galt er als attraktiver Mann, dessen Präsenz Aufmerksamkeit erregte, und sein Privat- und Familienleben zog das Interesse der Gesellschaft auf sich.
Hugo I Henckel von Donnersmarck im Jahr 1811. Quelle: WikipediaEin Kind einer kommenden Epoche
Hugo wurde 1811 in Laurahütte-Siemianowitz als einziger Sohn von Carl Henckel von Donnersmarck und Gräfin Eugenie von Wengersky von Ungarschütz geboren. Sein Vater fiel 1813 in der Schlacht bei Großgörschen, als Hugo gerade zwei Jahre alt war. Die Erziehung übernahmen seine Mutter und sein Onkel Lazarus Jan Nepomuk. Den Familienbesitz übernahm er offiziell erst 1832, regierte ihn jedoch fast sechs Jahrzehnte lang und veränderte in dieser Zeit die Region grundlegend.
Als er die Geschäfte übernahm, förderten seine Werke nur bescheidene Mengen Kohle, bis zu seinem Tod 1890 war die Förderung über 150-fach gestiegen, der Wert der Rohstoffe über 250-fach, und die Zahl der beschäftigten Arbeiter hatte sich fast neunzigfach erhöht.
Industrieller mit sozialer Vision
Hugo von Donnersmarck investierte nicht nur in die Produktion, sondern auch in Menschen und Gemeinschaften. Er baute Schulen, sorgte für bessere Lebensbedingungen der Arbeiter und bot ihnen in der Kolonie Wanda Drei-Zimmer-Wohnungen an, während andere Arbeitgeber nur Ein- oder Zwei-Zimmer-Wohnungen bereitstellten.
1853 gründete er eine Pensionskasse für seine Mitarbeiter und war damit mehr als zwanzig Jahre dem sozialen Engagement des Reichskanzlers Bismarck voraus. Er scheute sich auch nicht, in religiöse Belange einzugreifen – er finanzierte den Bau von Kirchen in Deutsch Piekar, Radzionkau, Laurahütte-Siemianowitz, Halemba, Friedenshütte und Beuthen, wo die neue Kirche der Heiligen Dreifaltigkeit entstand.
Sein gesellschaftliches Engagement umfasste zudem die Unterstützung von Arbeitern, die sich gegen den Kulturkampf stellten. Hugo betrachtete die industrielle Entwicklung und das spirituelle Leben der lokalen Gemeinschaften als gleich wichtig, und sein Umgang mit Arbeit und Menschen war seiner Zeit weit voraus.
In Schlesien war Hugo I Henckel von Donnersmarck Eigentümer von fast vierzig Gütern und zahlreichen Palästen und besaß umfangreiche Sammlungen von Kunstwerken, Ritterrüstungen und alter Waffentechnik.
Internationaler Unternehmer und Kunstsammler
Die Grundlage seines Vermögens bildete die Industrie, deren Reichweite auch Österreich einschloss. Neben Hütten und Bergwerken in Oberschlesien investierte er in Kärnten, wo er die Familienbesitze in Wolfsberg und Bad St. Leonhard übernahm und die Stahlindustrie reorganisierte. Dort ließ er das beeindruckende Schloss Wolfsberg im neugotischen Tudor-Stil errichten und baute 1872 in Wien ein Palais für seine zweite Frau Laura von Kaszonyi, das nach ihrem Tod Teil eines Luxushotels wurde.
In Schlesien besaß er fast vierzig Güter und zahlreiche Paläste, dazu umfangreiche Sammlungen von Kunstwerken, Ritterrüstungen und alter Waffentechnik. Als Pferdeliebhaber, Jäger und Gastgeber prunkvoller Feste erwarb er sich den Ruf eines Aristokraten von großem Geschmack und kompromisslosem Lebensstil.
Familie und Vermächtnis
Mit seiner ersten Frau Laura von Hardenberg hatte Hugo vier Kinder. Foto: WikipediaHugo war zweimal verheiratet. Seine erste Frau war Gräfin Laura von Hardenberg, mit der er fünf Kinder hatte, darunter Hugo II, Lazarus IV und Arthur. Nach ihrem Tod 1857 heiratete er Laura von Kaszonyi, doch diese Ehe blieb kinderlos. Sein Familienleben, sein attraktives Äußeres und seine gesellschaftlichen Einflüsse zogen sowohl in Schlesien als auch in Österreich Aufmerksamkeit auf sich.
Die zweite Ehefrau Laura von Kaszonyi. Foto: WikipediaHugo I Henckel von Donnersmarck war ein visionärer Industrieller, ein gesellschaftlich engagierter Förderer von Kunst und Spiritualität. Seine industriellen Investitionen, sein soziales Engagement, der Bau von Schulen und Kirchen sowie sein Mäzenatentum machen ihn zu einer herausragenden Persönlichkeit in der Geschichte der Region. Obwohl er vielleicht nicht so bekannt war wie sein Cousin Fürst Guido aus Neudeck, übertraf er ihn in Ausmaß, Vermögen und historischer Bedeutung und hinterließ ein bleibendes Erbe in Oberschlesien und darüber hinaus.
Wer mehr über Hugo I Henckel von Donnersmarck erfahren möchte, dem sei das Buch von Dr. Marcin Wądołowski „Graf Hugo Henckel von Donnersmarck und die Geschichte seiner Familie“ empfohlen, das im vergangenen Jahr beim Verlag Dziedzictwo Lokalne LH erschienen ist. Die Originalbiografie des Siemianowitzer Grafen wurde bereits 1891 in Wien veröffentlicht. Die Übersetzung ins Polnische erfolgte durch Dr. Marcin Wądołowski, die wissenschaftliche Beratung lag bei Dr. Arkadiusz Kuzio-Podrucki.
Die Publikation umfasst 128 Seiten in Hardcover und erzählt die Geschichte der Familie Henckel von Donnersmarck, verwoben mit den Schicksalen oberschlesischer Orte wie Laurahütte-Siemianowitz, Beuthen, Kattowitz, Königshütte, Ruda, Tarnowitz und Radzionkau. Das Buch zeigt den Einfluss der Familie auf die Entwicklung Oberschlesiens und Kärntens und beleuchtet die geschäftlichen Aktivitäten, die Leidenschaft für die Jagd und die Liebe zu Pferden von Hugo I Henckel von Donnersmarck.






