In diesem Jahr dreht sich wegen seines 300. Geburtstags weltweit alles um den großen Philosophen Immanuel Kant aus Königsberg. Ein Ort, in dem er vier Jahre lang gelebt und als Hauslehrer gewirkt hat, ist Groß Arnsdorf nahe Mohrungen/Morąg. Dort wurde er am 8. Juni mit einer populärwissenschaftlichen Konferenz geehrt, die die Christkönig-Gemeinde des Dorfes und die Gesellschaft der Freunde Kants und Königsbergs aus Berlin organisiert haben.
Spuren von Immanuel Kant außerhalb von Königsberg sind kaum zu finden, sagt man ihm doch zurecht nach, dass er aus seiner Heimatstadt so gut wie nie herausgekommen ist. Als junger Mann jedoch war er in Groß Arnsdorf einige Zeit Erzieher der Söhne von Major Karl Friedrich von Hülsen. Im Ort erinnern seit 30 Jahren zwei Tafeln in deutscher und polnischer Sprache an diese Tatsache, außerdem ist bei der Christkönig-Kirche eine Grünanlage mit einem lebensgroßen, aus Holz geschnitzten Kant-Denkmal gestaltet worden. Seit dem 8. Juni ist Kant darüber hinaus mit einer Wandmalerei an der Giebelwand der ehemaligen, frisch renovierten Schule im Dorf verewigt.
Viel Lärm um – einen Philosophen
Genau dort begann 1994 die Konzentration auf Immanuel Kant in der heutigen Woiwodschaft Ermland-Masuren. Die damalige Schuldirektorin Zofia Bielińska erinnert sich: „Es kam ein Vorschlag von Professor Janusz Jasiński, dem Vorsitzenden der Historischen Gesellschaft in Allenstein/Olsztyn, an der Schule zwei Tafeln anzubringen, die an Kants Aufenthalt erinnern.“ Das gelang auch dank der Unterstützung der deutschen Minderheit in Mohrungen und der Kreisgemeinschaft Mohrungen in Deutschland. Zur Enthüllung war sogar die Generalkonsulin der Bundesrepublik Deutschland in Danzig, Dorothee Boden, anwesend. Wegen Schäden an den Tafeln und des schlechten baulichen Zustands der Schule wurden nach einigen Jahren die Tafeln erneuert und am Glockenturm neben der Kirche befestigt.
Immanuel Kant war als junger Mann in Groß Arnsdorf einige Zeit Erzieher der Söhne von Major Karl Friedrich von Hülsen.
Außer den Schrauben, die an der Schule die Tafeln hielten, prüfte der Schultheiß von Groß Arnsdorf Jarosław Małetka noch einmal den Halt der Schärpe, die zu einem großen Teil die neue Wandmalerei zu Kant verdeckte. „Eine Woche haben die Vorbereitungen gedauert, heute noch einmal eine halbe Stunde, und dann fällt das Tuch in zehn Sekunden herunter“, seufzte er, strahlte dabei aber wie die Sonne, die an diesem Samstag die Einwohner seines Dorfes und ihre Gäste wärmte. Und das war gut so, denn die Konferenz zu Kant war gleichzeitig ein kleines Dorffest.
Universität, Freunde und Briefmarken
Initiator der Wandmalerei war Leszek Meller, dessen Sohn Sebastian von den Freunden Kants und Königsberg und deren Vorsitzender Gerfried Horst die Konferenz mit organisierte. Die Sorge um das Andenken Kants im Ort trägt heute vor allem Doktor Jarosław Janowicz, der Propst der Christkönig-Kirche. Partner der Konferenz war außerdem das Staatsarchiv in Allenstein, das vor der Kirche die Ausstellung „Königsberg-Albertina-Kant“ präsentierte. Ihr Direktor, Professor Norbert Kasparek, widmete seinen Vortrag ebenfalls der Albertina, der Universität von Königsberg, und ihrem Einfluss auf Polen. Einen vielseitig gebildeten Freund von Immanuel Kant, nämlich Christian Jakob Kraus, nahm sein Kollege vom Archiv Cezary Rzepczyński unter die Lupe.
Unter die Lupe nahmen die Zuhörer nach den Vorträgen in der mit 200 Personen sehr gut gefüllten Kirche – es folgten noch Forschungen zu Groß Arnsdorf, zur Philosophie Kants sowie zur aktuellen Promotion des Wissens über ihn – eine Sondermarke im Wert von 4,90 Złoty, die die polnische Post Anfang Juni zum 300. Geburtstag Kants herausgegeben hat. Und nach der offiziellen Enthüllung der Wandmalerie durch Leszek Meller, Gerfried Horst und den Gemeindevorsteher von Maldeuten/Małdyty Marcin Krajewski, ging die Veranstaltung fließend in ein stimmungsvolles Integrationsfest über – zu Ehren Immanuel Kants, der selbst ein geselliger Mensch war.
Uwe Hahnkamp