Am 11. November lud der Verband der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen (VdG) zur letzten Wallfahrt der deutschen Minderheit in diesem Jahr ein. Auf den Spuren der Schutzpatronin von Schlesien, der Heiligen Hedwig, ging es diesmal nach Trebnitz (Trzebnica). Im Anschluss an den Gottesdienst in der dortigen Klosterkirche fuhren die zahlreichen Pilgerinnen und Pilger noch nach Groß Nädlitz (Nadolice Wielkie) zum deutschen Soldatenfriedhof und gedachten der Gefallenen des Zweiten Weltkrieges.
Es war bereits die fünfte Pilgerfahrt der deutschen Minderheit in diesem Jahr. Nach Sankt Annaberg (Góra Świętej Anny), Wartha (Bardo Śląskie), Albendorf (Wambierzyce) und Zuckmantel (Zlaté Hory) in Tschechien stand nun das Kloster Trebnitz in Niederschlesien auf dem Programm – traditionell der Abschluss der jährlichen Wallfahrten, die vom VdG veranstaltet werden.
Zum letzten Mal wurde die Organisation des Ganzen von der ehemaligen VdG-Kulturspezialistin Monika Wittek übernommen, die sich eigentlich bereits im Sommer in den Ruhestand verabschiedet hatte. „Das ist jetzt meine letzte Wallfahrt im Rahmen der Tätigkeit im Verband. Ich freue mich, dass wir diesmal sogar mit zwei Bussen nach Trebnitz gekommen sind, das macht Mut für die Zukunft“, sagt sie zufrieden – und fügt hinzu: „Bei dieser Wallfahrt ist auch meine Nachfolgerin Maria Szindzielorz dabei – die Pilgerreisen werden also fortgeführt. Und ich selbst werde als Vorsitzende des Deutschen Freundschaftskreises in Zelasno (Żelazna, Anm. d. Red.) weiterhin an ihnen teilnehmen.“
Am vergangenen Samstag reisten die meisten Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus dem Raum Oppeln an, aber auch aus Ratibor (Racibórz), Waldenburg (Wałbrzych) und Breslau pilgerten einige Frauen und Männer nach Trebnitz. Die Messe in der dortigen Klosterkirche wurde von Bischofsvikar Peter Tarlinski sowie dem Franziskanerpater Marian Arndt geleitet. Die musikalische Begleitung des Gottesdienstes gestalteten das Blasorchester „BSA Brass“ aus der Woiwodschaft Oppeln sowie der Chor „Freundschaft“ der Deutschen Sozial-Kulturellen Gesellschaft in Waldenburg um deren Vorsitzende Doris Stempowska. Als Organist kam Hubert Prochota zum Einsatz. Zudem begeisterte Karolina Świerczek die etwa 200 Anwesenden mit ihrem Geigenspiel.
Bei der Patronin des Friedens
Im Mittelpunkt der gesamten Wallfahrt stand natürlich die Heilige Hedwig, die lange Zeit in Trebnitz wirkte und von den Menschen in Schlesien in besonderer Weise verehrt wird. „Die Heilige Hedwig ist die Patronin der internationalen Verständigung, der deutsch-polnischen Versöhnung, der Geflüchteten und Vertriebenen, der Familie, der christlichen Entfaltung – und sie ist zugleich die Patronin des Friedens“, erklärt Peter Tarlinski. „Die Welt von heute, wie wir sie erleben, braucht einen tiefen Frieden“, fährt er fort.
Diese Gedanken kamen auch in der Predigt des Geistlichen zum Ausdruck, in der er für den Frieden betete und zur Heiligen Hedwig rief: „Sei unsere Befürworterin, damit Gott uns erhört und die menschlichen Herzen berührt, sodass sie auf den Weg des Dialogs und des Friedens kommen!“
Darüber hinaus ging Tarlinski auch auf die Bedeutung der Familie ein: „Wir brauchen den familiären Zusammenhalt, wir brauchen in den Familien die Weitergabe des Glaubens und der Tradition“, predigte er. Dies sei im Laufe des letzten Jahrzehnts „etwas zusammengebrochen“ – nicht selten auch unter dem Druck der Öffentlichkeit, die versuche, das Christentum „zu diffamieren, kleinzureden, auszulachen, zu verspotten“. Dies übertrage sich auch auf die „weitgehend orientierungslose“ junge Generation, die oft aus den Medien ihre Informationen und Lebensausrichtung schöpfe. „Der Geist des Glaubens, des Vertrauens in Christus, der familiären Einheit und der Weitergabe der christlichen Tradition“ müsse daher neu erweckt werden.
Des Weiteren bedauerte der Bischofsvikar, dass das Christliche in der Gesellschaft immer mehr an den Rand gedrängt werde und die Gottlosigkeit, die man schon aus kommunistischen Zeiten kenne, wiederkehre. „Deshalb ist es ganz wichtig, dass wir wieder zurückkehren zu den Werten des Evangeliums, und dass wir den Mut haben, das Christliche zu bewahren“, unterstrich Tarlinksi – und sagte weiter: „Von daher will die Wallfahrt uns allen Mut machen, auf den wichtigen Schwerpunkten, auf dem Vorbild der Heiligen Hedwig aufzubauen – und so zu einer geordneten, aber auch glücklichen Gesellschaft von heute beizutragen.“
Der Gefallenen gedenken
Im Anschluss an die Messe ging es für eine Vielzahl der Pilgerinnen und Pilger weiter zum deutschen Soldatenfriedhof in Groß Nädlitz. Anlässlich des am 19. November begangenen Volkstrauertages veranstaltete die in Breslau beheimatete Deutsche Sozial-Kulturelle Gesellschaft (DSKG) dort eine Gedenkzeremonie für die Gefallenen des Zweiten Weltkrieges. Auch Peter Herr, der Konsul der Bundesrepublik Deutschland in Oppeln, und Jakob Ziegler vom Deutschen Generalkonsulat in Breslau nahmen daran teil.
Die ökumenische Andacht unter dem großen Gedenkkreuz inmitten des Soldatenfriedhofs, an dem ein Kranz und Blumen niedergelegt sowie Kerzen entzündet wurden, wurde von Pater Marian Arndt und Karol Długosz, Pfarrer der evangelischen Sankt-Christophori-Gemeinde in Breslau, geleitet. In den Gebeten wurde nicht nur der Toten des Zweiten Weltkrieges gedacht, sondern an alle Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft erinnert. Krystyna Kadlewicz, die Vorsitzende der DSKG, wandte sich mit einigen emotionalen Worten an die Anwesenden und betonte, dass das stille Gedenken noch stärker dazu motiviere, sich für Frieden, Toleranz und Freiheit einzusetzen.
In ähnlicher Weise äußerte sich auch Peter Tarlinski. „Die Erinnerung an das Schreckliche darf nicht verhallen, sondern muss in uns lebendig bleiben und uns eine Warnung sein, dass so etwas heute nicht mehr passieren darf. Deshalb: Nie wieder Krieg, Hass, Verfolgung – und immer wieder Versöhnung und Frieden.“
Lucas Netter