Süß und herzhaft
Jawor, einst Jauer, blickt auf eine reiche kulinarische Geschichte zurück. Schon in der Vorkriegszeit waren die aromatischen Würste mit einer deutlichen Pfeffernote und einem Hauch von Zitronenschale eine Spezialität der Region. Heute ist Jawor vor allem für seine Backkunst berühmt – allen voran für den Pfefferkuchen.
Wer Ende August Zeit hat, sollte sich unbedingt das „Brot- und Lebkuchenfest“ vormerken. Ich war auch dabei und bin verzaubert zurückgekommen. Besonders der „Lebkuchenhof“ der niederschlesischen Pfefferküchlereien fesselte mit seiner Vielfalt an Düften und Geschmacksrichtungen. Unvergesslich sind die Workshops, bei denen man seinen eigenen figürlichen Lebkuchen herstellen darf – unter Anleitung von Fachleuten und mit Hilfe historischer Holz- und Steinzeugmodellen aus dem Regionalmuseum.

Eine weitere Allee widmete sich den Schätzen der Bäckerkunst, inklusive Live-Vorführungen des Handwerks. Doch mein Herz eroberte eine ganz andere Köstlichkeit: die Zisterzienser-Fladenbrote auf Bier-Sauerteigbasis. Natürlich habe ich gleich vor Ort die klassische Variante probiert – mit Sauerrahm, Zwiebeln und Schwarzkümmel. Einfach köstlich! Hier vereinen sich Tradition, Schlichtheit und ein Hauch Ritual, wenn der Teig auf glühendem Schamott knusprig ausgebacken wird.

Da wir Fladenbrote lieben und nun auch wissen, wo man sie findet, führte uns der nächste Tag nach Lubiąż. Gleich neben dem ehemaligen Zisterzienserkloster betreibt man dort die „Ritterliche Schenke“. Auf der Karte stehen drei verschiedene Fladenbrote – mein Favorit ist eine eher traditionelle Version: hauchdünner Teig, bestrichen mit gewürztem Sauerrahm, belegt mit Speck, Zwiebeln, Rosmarin und frischen Rucolablättern. Die Mönche lebten sehr bescheiden, ergänzten ihre Speisen jedoch mit Gemüse und Früchten aus den klösterlichen Gärten.

Dieser Fladen wurde zwar etwas anders zubereitet, schmeckte aber ebenfalls hervorragend. Inspiriert vom Wochenende in Jawor haben wir schließlich auch zuhause Bier-Sauerteig angesetzt. Am nächsten Tag entstanden daraus unsere eigenen Fladenbrote – mit Dinkelmehl, Patisson, Zucchini und kleinen Tomaten frisch aus dem Garten. Und sie verschwanden ebenso schnell wie die Originale – ein Beweis dafür, dass es sich lohnt, alte kulinarische Ideen wiederzubeleben und sie mit regionalen Produkten kreativ neu zu interpretieren.
Es lohnt sich, alte kulinarische Ideen wiederzubeleben und sie mit regionalen Produkten kreativ neu zu interpretieren.
Rezept für unser Zisterzienser-Fladenbrot
Tag 1
- 100 ml helles Bier
- 100 g Roggenmehl Typ 720
- 30 g aktiver Sauerteig
Am Abend das Bier lauwarm erwärmen, mit Mehl und Sauerteig verrühren, bis eine glatte Masse entsteht. Abgedeckt über Nacht an einem warmen Ort gehen lassen.

Tag 2
- 100 ml helles Bier
- 100 g Vollkorn-Dinkelmehl
- 50 g Roggenmehl
- 50 g Weizenmehl (Brotmehl)
- ½ TL Salz
- ½ TL Zucker
- 200 ml Sauerrahm
- saisonales Gemüse
- Kräuter nach Belieben
- 1 EL Olivenöl
- etwas Muskatnuss
- Schwarzkümmel
Am nächsten Tag sollte der Teig die Konsistenz von dicker Sahne haben. Die Mehlmischung mit Salz und Zucker zugeben, Bier nach und nach einrühren. Teig 1,5 Stunden gehen lassen, dann kurz durchkneten, in 8 Stücke teilen, zu dünnen Fladen ausziehen und auf Backpapier legen.

Ofen auf 250 °C vorheizen. Sauerrahm mit Salz, Pfeffer, Muskat und Schwarzkümmel verrühren. Gemüse schneiden, mit Öl und Kräutern mischen. Fladen mit Sauerrahm bestreichen, Gemüse darauf verteilen und auf Stein etwa 10–12 Minuten knusprig backen.

Die kulinarischen Traditionen Niederschlesiens leben weiter und ziehen Jahr für Jahr Besucher in ihren Bann. Unsere Region ist nicht nur für Burgen und Schlösser bekannt, sondern auch für unverwechselbare Aromen und handwerkliche Köstlichkeiten. Ein Besuch in Jawor – und besonders im Regionalmuseum – ist wärmstens zu empfehlen: Hier begegnen sich Geschichte und Gegenwart auf genussvolle Weise.