Mit dem Waggon „Dresden“ aus und nach Allenstein

wochenblatt.pl 6 godzin temu
Zdjęcie: Begleitende Ausstellung zu den Menschenströmen von und nach Allenstein Foto: Uwe Hahnkamp


Es sind weite Wege, die viele Menschen am Ende des Zweiten Weltkriegs, das sich in diesem Jahr zum 80. Mal jährt, zurücklegen mussten. Weite Wege mit dem Waggon aus Allenstein in den Westen, weite Wege mit dem Waggon nach Olsztyn aus dem Osten. Diesem furchtbaren Ausschnitt der deutschen und polnischen Geschichte widmete das Städtische Kulturzentrum in Allenstein Ende Oktober und Anfang November 2024 einige Veranstaltungen, einschließlich der Einweihung eines neuen Denkmals.

Waggon 1945 Dresden auf der Boule-Bahn
Foto: Uwe Hahnkamp

Es gibt kaum einen geeigneteren Gegenstand, um die Geschichte der vierziger Jahre des 20. Jahrhunderts in Mitteleuropa in einem Bild zusammenzufassen, als einen geschlossenen Güterwaggon der Reichsbahn. Er symbolisiert den Transport der verschiedenen Armeen im Rahmen der Kampfhandlungen, den Abtransport der jüdischen Bevölkerung und anderer unerwünschter Personen in Vernichtungslager, die Flucht, Evakuierung und Vertreibung der ehemaligen sowie die langen Wege der neuen Einwohner, die wie Spielfiguren auf einem Atlas von den Mächtigen hin und her geschoben wurden.

Herkunftsorte der neuen Bewohner der Stadt Allenstein
Foto: Uwe Hahnkamp

Waggon auf dem Bouleplatz

Seit dem 20. Oktober 2024 steht im park centralny, dem Zentralpark der Stadt Allenstein neben dem Museum der Moderne des Städtischen Kulturzentrums, das mit seinem Schornstein weithin sichtbar ist, ein Güterwaggon des Typs Dresden. Eine der drei Boule-Bahnen, die auf dem Gebiet zwischen dem Museum und der Alle, die das ehemalige Gewerbegebiet vor den früheren Toren der Stadt umfließt, für das Freizeitvergnügen der Allensteiner sorgen sollen, wurde mit Kies aufgeschüttet. Darauf wurden zwei Schienen gelegt und auf diesem so entstandenen Gleis erinnert nun der Waggon als Denkmal an die bereits beschriebene Geschichte.

Lesungen aus den Koffern der Erinnerung – Präsentation des Waggons
Foto: Uwe Hahnkamp

Ein Blick ins Innere bietet die Kargheit, das Nichts, das den Menschen, die hier wie Vieh transportiert wurden, geboten wurde. Ein kleiner Teil des Waggoninneren ist abgetrennt und ein Bollerofen symbolisiert den Versuch, Wärme zu erzeugen. Das scheint aber damals im Jahr 1945 nicht ganz funktioniert zu haben, wie Irena Telesz-Burczyk berichtete. Die Schauspielerin des Allensteiner Jaracz-Theaters schilderte am 20. Oktober in ihrem Augenzeugenbericht leb- und bildhaft die mangelnden hygienischen Bedingungen sowie den Raureif und das Eis auf der Innenseite der Waggonwände.

Bericht einer Augenzeugin – die Schauspielerin Irena Telesz-Burczyk
Foto: Uwe Hahnkamp

Erzählte Geschichte

Für die anderen, die ihre Erlebnisse nicht mehr persönlich erzählen können, lasen unter anderem Vertreter des Städtischen Kulturzentrums und der Kulturgemeinschaft „Borussia“ aus Aufzeichnungen der Erinnerungen, im Wechsel dazu wurden Tonaufnahmen von Betroffenen eingespielt und von Filmen der Zugfahrten begleitet, die auf die Innenwand des Waggons projiziert wurden. Und im Hintergrund war das stete, regelmäßige Geräusch der Bahnschwellen zu hören, das diese Menschen real auf ihrem Weg und vermutlich ihr ganzes weiteres Leben in den Träumen begleitet hat.

Ein Güterwaggon in Allenstein erzählt von Spuren der Menschlichkeit in unmenschlichen Zeiten.

Im Museum der Moderne war für einige Tage eine Ausstellung zu sehen, die von den Menschenströmen erzählte, die von und nach Allenstein zogen. Anschließend wurde die Ausstellung im Trolleybusdepot des Museums erweitert, um persönliche Gegenstände von Menschen aus jener Zeit genauer zu studieren. Außerdem gab es einen Vortrag zur Armbinde eines Schaffners, der die Transporte begleitet hat, der als Ausgangspunkt für Berichte über die tragischen Ereignisse diente.

Begleitende Ausstellung zu den Menschenströmen von und nach Allenstein
Foto: Uwe Hahnkamp

Dass es aber selbst damals Menschen gab, die trotz allem ihre Menschlichkeit nicht vergessen haben, geht aus der Schilderung eines alten Herrn hervor, die für die über 200 Gäste der Vorstellung des Waggons eingespielt wurde. Seiner Mutter sei ein Haus angeboten worden und sie habe gesagt, selbstverständlich wolle sie eins. Dann sei sie ins Haus gekommen, mit Essen auf dem Herd und kompletter Einrichtung, und habe gesagt: „Das kann ich nicht annehmen.“ Woraufhin ihr bedeutet wurde, das seien nur Deutsche und bald nicht mehr da, und sie habe geantwortet: „Das geht nicht. Das sind doch Menschen, die hier leben.“ Wenn in diesen heutigen Zeiten wieder einmal von Wir und Ihr, von Feinden die Rede ist, erinnern wir uns an diese einfache Frau – so wie im letzten Jahr im Oktober beim Waggon 1945 an alle „Spielfiguren“ der Mächtigen.

Uwe Hahnkamp

Idź do oryginalnego materiału