Mit Punsch und Pfannkuchen ins Neue Jahr

wochenblatt.pl 2 godzin temu
Zdjęcie: Zur Jahresschlussfeier gehört ferner Süßes. Ob in Cafés oder bei Silvesterbällen, genossen die Gäste fette Pfannkuchen, mit oder ohne Füllung. Foto: privat


Wenn die Uhren Mitternacht schlagen

Die Silvesternacht verbrachte man in Schlesien früher meist ruhig – im Kreis der Familie und von Freunden, zu Hause. Nicht selten sogar ganz „im weißen Saal“, also „im Bett“. Auf der anderen Seite fehlte es jedoch auch nicht an lauter Unterhaltung bei festlichen Bällen. Davon berichtet die historische Presse, in der Hotels, Restaurants und Cafés zu Tanzvergnügen und feiner Küche einluden. Musikliebhaber konnten die letzte Nacht des Jahres ebenso bei Konzerten verbringen.

Wie man sieht, hat sich bis heute gar nicht so viel verändert – auch wenn schlesische Rituale und typische Speisen zum Jahresende offenbar nicht mehr selbstverständlich zum Abschied vom alten und zur Begrüßung des neuen Jahres gehören. Die Gegenwart sucht nach Originalität, nach dem Anderen. Wiederholung und die sorgfältige Weitergabe von Traditionen rücken dabei in den Hintergrund und strapazieren den ohnehin feinen Faden der Kontinuität von Ort und Zeit.
Und was wäre, wenn wir einen Sprung auf die andere Seite des schlesischen Spiegels wagten?
Was würden wir dort sehen?

Zeitungsausschnitte aus der alten schlesischen Presse. Quelle: M. Janik

Am Zielbahnhof in Oderberg

Dem Neuen Jahr entgegen und zwar im Bahnpostwagen, machte sich die Besatzung pünktlich um Mitternacht mit dem Zug von Berlin über Breslau nach Oderberg (Bohumín) auf den Weg und brachte nach Schlesien Briefe, Neujahrswünsche sowie die allerneueste Presse. Darüber berichtet ausführlich die Schlesische Chronik (1912, Nr. 7). Das Zugpersonal, das spät am Abend noch vom häuslichen Punsch und von süßen Pfannkuchen losgerissen worden war, eilte auf dem Bahnhof umher, verlud eilig die Sendungen und hörte schließlich das Schlagen der Glocken und Uhren sowie den Ruf aus tausenden Kehlen: „Prosit Neujahr!“. Die Postbeamten schüttelten einander die Hände, manche nahmen einen Schluck aus der Silvesterflasche, die sie vorsorglich mitgeführt hatten. Als sie in den frühen Morgenstunden den Hauptbahnhof in Breslau erreichten, bot sich ihnen ein reger Betrieb und eine schier endlose Reihe von Postkarren, die auf die Übernahme der Fracht warteten.

Am Zielbahnhof in Oderberg angekommen, begrüßten die Mitarbeiter das Neue Jahr 1912 mit einem Trinkspruch und begaben sich zur Ruhe. Am Abend stand bereits die Rückfahrt nach Berlin an – wiederum mit keineswegs geringerer Ladung, denn Neujahrswünsche und Glückwunschschreiben waren weiterhin unterwegs, nun in entgegengesetzter Richtung, nach Berlin.

Prosit Neujahr!

In den letzten Stunden des alten Jahres hatten auch die schlesischen Redaktionen alle Hände voll zu tun. Bis zur letzten Minute nahmen sie Anzeigen mit Neujahrsgrüßen entgegen. In der historischen Presse, die ich anlässlich des Jahreswechsels gründlich durchgesehen habe, fallen besonders die Dankesworte und Wünsche von Privatpersonen, aber auch von lokalen Unternehmern ins Auge. Sie richteten sich an Freunde, Bekannte, nahe und ferne, ebenso an Kundinnen und Kunden. Es war offensichtlich eine jener Traditionen, die die heutige digitale Generation wohl staunen ließe. Die heutigen Technologien sind zwar schnell, doch ebenso flüchtig. Das gedruckte Wort vergangener Zeiten hingegen bietet eine reiche Quelle an Informationen darüber, was wir heute „Marketing“ und „Public Relations“ nennen würden, aber ebenso über Geschichte und Alltagsgewohnheiten jener Epoche. Aus unzähligen Anzeigen, Reklamen, Einladungen, Fotos und Berichten habe ich – wie aus Puzzleteilen – ein schlesisches Silvester- und Neujahrsbild sowie eine regionale Festtagsspeisekarte zusammengesetzt. Daraus kann sich jede und jeder nehmen, was ihm beliebt, und für einen Moment das Gefühl haben, als sei die Zeit um etwas mehr als hundert Jahre zurückgedreht worden. Und man möchte mit den Ururgroßeltern aus voller Kehle einstimmen: „Prosit Neujahr!“

Edelster Silvesterschmaus war und blieb jedoch der Karpfen, blau oder in Biersoße. Er galt als ein Glückbringer erster Ordnung.

Einen interessanten Brauch fand ich im Isergebirge. Da wurde am letzten Jahrestag vielfach zum Abendbrot von jeder im Hause befindlichen Speise aufgetragen. Wer von allen Gerichten etwas nahm, hatte im neuen Jahr keine Nahrungssorgen. Jedenfalls musste man sich am Silvesterabend satt essen, sonst musste man das ganze Jahr hungern.
Eins stand auch fest: Die Feste soll man ansonsten feiern, wie sie fallen! Was wäre aber ein Fest ohne gute Getränke? Um 12 Uhr nachts erfolgte also die Verabschiedung des alten Jahres mit Grogg oder Silvesterpunsch. Der Name stammt vom Sanskritwort „pañca“ und bedeutet „fünf“. Das Getränk besteht nämlich aus fünf Zutaten, und zwar aus Tee, Zitronensaft, Zucker, Rum und Wasser.

Neujahr und Silvester in der alten schlesischen Presse. Quelle: M. Janik

Fette Pfannkuchen

Zur Jahresschlussfeier gehört ferner Süßes. Ob in Cafés oder bei Silvesterbällen, genossen die Gäste fette Pfannkuchen, mit oder ohne Füllung. Man feierte ansonsten zu Hause, und viele Hausfrauen sahen ihre Ehre und ihren Stolz darin, allen lieben Verwandten und Bekannten selbstgebackenes Silvestergebäck vorzusetzen. Es waren Silvesterpfannkuchen, Mohnklöße, Mohnstriezel oder Mohnnudeln. Der glückbringende Mohn war in Schlesien Hauptzutat des Silvestergebäcks.

Edelster Silvesterschmaus war und blieb jedoch der Karpfen, blau oder in Biersoße. Er galt als ein Glückbringer erster Ordnung. Eine einzige Karpfenschuppe während der Silvesternacht in die Geldtasche gesteckt, hat man das ganze Jahr etwas darin, mindestens – die Karpfenschuppe.
Nicht zuletzt war der Hering im Heringssalat als Silvestergericht beliebt. Jede Hausfrau hatte hierfür wohl ihr Rezept. Grüne Bratheringe und natürlich Weiß-Bratwurst mit Sauerkraut und Kartoffelsalat durften in dieser Nacht auch nicht fehlen.

Hier noch zum feinen Abschluss ein historisches Pfannkuchenrezept:

Wir brauchen:
1 Pfund Mehl, 125 g Butter, 125 g Zucker, 1 Eigelb, 30 g Hefe, 250 ml Milch.

Zunächst setzt man ein übliches Hefestück oder einen Vorteig an, der an einem warmen Ort gehen muss. Dazu kommt der in lauwarmer Milch aufgelöste Zucker nebst Eigelb, und dieser Teig wird tüchtig abgeschlagen. Jetzt kommt die aufgelöste Butter dazu, und der Teig wird verarbeitet, bis er Blasen wirft. Nachdem er noch eine Stunde gegangen ist, wird er auf einem bemehlten Brett kleinfingerdick ausgerollt und zu runden Platten ausgestochen. Auf jede Platte ein Häufchen Marmelade, darüber eine zweite Platte, und an den Rändern zusammendrücken. Noch einmal gehen lassen, und dann in siedendem Fett schwimmend ausbacken, mit Zucker bestreuen oder mit Zuckerglasur übergießen.

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