Ein Dorf, zwei Mannschaften
Es ist wohl das einzige Spiel dieser Art in ganz Nordostpolen – und das nicht nur, weil dabei 14 Tore gefallen sind! Wer hat das 34. Duell zwischen Nattern Polen und Nattern Deutschland gewonnen? Natürlich Nattern. Denn Nattern gewinnt immer.
Das vierunddreißigste Spiel Polen gegen Deutschland fand wie gewohnt auf dem Waldsportplatz statt. Eigentlich waren es zwei Spiele: eines für Erwachsene und eines für Kinder. Bei den Erwachsenen fielen gleich 14 Tore – das Match endete 10:4 für Nattern Polen. Doch das Ergebnis ist hier zweitrangig. Entscheidend ist, dass diese Begegnungen überhaupt stattfinden. Seit vielen Jahren treffen sich hier die heutigen Einwohner von Nattern (Naterki) mit den ehemaligen Bewohnern, die inzwischen in Deutschland leben. Wobei „Deutschland” manchmal nicht ganz stimmt: Fehlen der deutschen Mannschaft Spieler, springt kurzerhand die polnische ein. Und nicht selten kommt es vor, dass derselbe Spieler früher für Polen auflief – und nach seiner Auswanderung für Deutschland. Beides stört niemanden.

Foto: Lech Kryszałowicz
Besondere Gäste und jüngste Spieler
In diesem Jahr verstärkte Prof. Arkadiusz Żukowski von der Universität Ermland-Masuren das Team Nattern Deutschland. Der Politologe und Direktor des Instituts für Politikwissenschaften spielte in der Vergangenheit schon mehrfach im polnischen Team.

Foto: Lech Kryszałowicz
„Damit habe ich überhaupt kein Problem. Die Leute vor Ort kennen und respektieren sich. Die Eliten werden uns nicht vorschreiben, mit wem wir befreundet sein sollen. Diese Spiele sind etwas Besonderes: Für uns sind sie großer Spaß und eine Gelegenheit, uns besser kennenzulernen. Für die Kommunalverwaltung wiederum eine Chance, offener zu werden und die Gemeinde zu präsentieren“, betont Prof. Żukowski.
Wenn der deutschen Mannschaft von Nattern Spieler fehlen, leiht sie sich diese von der polnischen Mannschaft aus. Es kommt auch nicht selten vor, dass ein und derselbe Spieler zuerst in der polnischen Mannschaft spielte und nach seiner Auswanderung in der deutschen. Und weder der erste noch der zweite Fall stört irgendjemanden.
Der jüngste Spieler im deutschen Team war der 17-jährige Filip Piekatz. „Ich könnte problemlos in beiden Mannschaften spielen. Mein Vater Bruno stammt aus Nattern. Ich selbst bin in Rietberg geboren, lebe aber seit Kurzem in Warschau. Nattern kenne ich gut – ich war schon oft hier, weil ich Familie habe“, erzählt er stolz.

Foto: Lech Kryszałowicz
Die Spiele Nattern gegen Nattern finden jedes Jahr in Nattern statt, alle zwei Jahre auch in Rietberg in Deutschland, wohin die polnische Mannschaft reist. In beiden Fällen haben die Begegnungen mindestens kommunale Bedeutung – sie ziehen zahlreiche Zuschauer, Gemeindevertreter und prominente Gäste an.
Organisation und Atmosphäre
Warum fährt das polnische Team nach Rietberg in Nordrhein-Westfalen? Weil dort, in Gütersloh oder Bielefeld, die meisten ehemaligen Nattern-Bewohner leben – unter ihnen auch die Familie Schulz, seit Jahren Motor dieser Begegnungen. Elżbieta Schulz und ihr Mann Heinrich managen das deutsche Team. 1990 verließen sie Nattern. Heute ruft Elżbieta die Spieler zusammen, organisiert die Reisen und hält den Kontakt zum Bürgermeister von Rietberg, der gelegentlich ebenfalls bei den Spielen vorbeischaut. Auch in Rietberg selbst unterstützt sie die Durchführung.

Foto: Lech Kryszałowicz
„An Spielwilligen mangelt es nicht, aber das Problem ist, einen Termin zu finden, an dem die meisten Urlaub haben. Deshalb laden wir auch Freunde ein, die nicht aus Nattern stammen, aber gern für uns auflaufen“, sagt Elżbieta Schulz.
In diesem Jahr organisierte die Familie Schulz die Anreise von zehn Personen – darunter ihre vier Söhne mit Familien. Deshalb musste das deutsche Team mit polnischen Spielern aufgefüllt werden. Außerdem engagieren sich die Schulzs stark für die Zusammenarbeit der Feuerwehren beider Gemeinden. Unmittelbar nach dem Spiel rollten fünf Feuerwehrfahrzeuge auf den Platz, die dank der Freundschaft zwischen beiden Orten und dem Einsatz der Familie Schulz in Rietberg angeschafft worden waren.

Foto: Lech Kryszałowicz
Im Anschluss fand direkt auf dem Sportplatz eine Feier statt. Veranstalter war der Kultur- und Sportverein „Diament“.