„Ein kulturpolitisches Fehlzeichen“ – VdG protestiert gegen drohende Schließung des Oberschlesischen Landesmuseums
Die Zukunft des Oberschlesischen Landesmuseums in Ratingen steht auf der Kippe. Eine Entscheidung des Stiftungsrats der Stiftung Haus Oberschlesien zur Schließung des bisherigen Standorts sorgt für Protest – nicht nur in Nordrhein-Westfalen, sondern auch in Oberschlesien. Der Verband der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen (VdG) hat sich mit einem offiziellen Schreiben vom 3. Juli an die nordrhein-westfälische Kulturministerin Ina Brandes gewandt.
Darin äußert der VdG seine tiefe Besorgnis über die Entscheidung des Stiftungsrats, der am 2. Juli mit knapper Mehrheit für die Schließung des Museums in Ratingen-Hösel gestimmt hatte. Nikolaus Pohr, Vertreter des Deutschen Konsulats Oppeln, gehörte zu den Mitgliedern des Stiftungsrats, die für die Schließung des Museums stimmten. Die Redaktion hat ihn um eine Stellungnahme zu seinen Beweggründen gebeten, eine Rückmeldung steht bislang aus.

Quelle: Oberschlesisches Landesmuseum der Stiftung Haus Oberschlesien
Der Verband erinnert an die besondere Bedeutung des Museums für die deutsche Minderheit in Polen: Es sei nicht nur ein Ort der Geschichte, sondern auch ein Raum des Austauschs und der Begegnung, der über Jahre hinweg Brücken zwischen Deutschland und Polen geschlagen habe.
„Das Oberschlesische Landesmuseum ist seit der Entstehung nicht nur ein Beweis der gemeinsamen deutsch-polnischen Geschichte, sondern vor allem ein lebendiger Ort der Begegnung“, betonte der VdG in seinem Schreiben. Man erinnerte auch daran, dass Nordrhein-Westfalen nicht nur seit 1964 die Patenschaft für die Oberschlesierinnen und -schlesier übernommen hat, sondern dass die Region am Rhein und Ruhr historisch eng mit Oberschlesien verbunden ist – nicht zuletzt durch Migration, Integration und gemeinsame Industriegeschichte. Diese enge Verflechtung sei ein Teil der nordrhein-westfälischen Identität und verpflichte auch heute zu kulturellem Engagement und Verantwortung.
Bedeutungsverlust befürchtet
Der VdG sieht in der Entscheidung eine Gefahr für die Erinnerungskultur und Identitätsarbeit der Oberschlesierinnen und -schlesier – nicht nur in Deutschland, sondern besonders in Polen. Als Ort mit Symbolkraft trage das Museum dazu bei, das Kulturerbe einer Region sichtbar zu machen, die stark von deutscher, polnischer und europäischer Geschichte geprägt ist.
Der Verband ruft die Landesregierung in Düsseldorf auf, ihre Haltung zu überdenken, und bietet gleichzeitig seine Kooperationsbereitschaft an. Ziel müsse es sein, gemeinsam eine tragfähige Lösung zu finden, die den Fortbestand des Museums auch langfristig sichert.
Das Oberschlesische Landesmuseum steht vor dem Aus – ein bedeutender Ort deutsch-polnischer Geschichte und Begegnung ist bedroht.
Stiftung verweist auf finanzielle Gründe
Nach Darstellung der Stiftung Haus Oberschlesien fehlt es an ausreichender Finanzierung, um den Standort Ratingen-Hösel auf Dauer zu halten. Auch das Land NRW erklärte laut Medienberichten, man sehe die Förderziele – insbesondere die Erreichbarkeit für eine breite Öffentlichkeit – am bisherigen Standort als nicht mehr gegeben. Zusätzliche Mittel werde es daher nicht geben.
Der Vorsitzende des Stiftungsvorstands, Ryszard Wladarz, ließ jedoch durchblicken, dass eine Rücknahme der Entscheidung denkbar sei – falls bis Ende August ein durchfinanziertes Konzept für den Standort vorgelegt werde. Ob dies gelingt, ist bislang offen.
Kritik aus der Museumsleitung
Museumsdirektor Dr. David Skrabania zeigte sich enttäuscht über die Entscheidung. Die Besucherzahlen seien zuletzt gestiegen, nicht zuletzt dank neuer Formate wie den beiden Escape Rooms. Umso unverständlicher sei die drohende Schließung. „Hier spricht keiner mehr von einem Umzug, sondern einer Schließung“, erklärte er im Gespräch mit der WAZ. Nach und nach sollen die Objekte nach Essen überführt werden, doch die Verkleinerung von 1600 Quadratmetern Ausstellungsfläche auf nur 300 Quadratmeter sei problematisch. „14.000 Objekte passen einfach nicht auf so wenig Platz“, betonte Skrabania.

Quelle: Oberschlesisches Landesmuseum der Stiftung Haus Oberschlesien
VdG sieht Verantwortung auf deutscher Seite
Der Verband der deutschen Gesellschaften in Polen ruft eindringlich dazu auf, die Geschichte Oberschlesiens nicht zum Randthema deutscher Erinnerungspolitik werden zu lassen. Das Museum sei ein sichtbarer Ausdruck dieser Geschichte – und seine mögliche Schließung sende ein fatales Signal an die deutsche Minderheit in Polen wie an die gesamte Region.
Ob das Oberschlesische Landesmuseum tatsächlich geschlossen oder gerettet wird, entscheidet sich voraussichtlich bis Ende August.