Die letzten Tage habe ich mit einem Freund verbracht, dessen Großeltern aus Steinau an der Oder stammen (heute Ścinawa nad Odrą). Ich wollte ihm verschiedene Seiten Niederschlesiens zeigen, und wir begannen mit meiner Heimatstadt. Zuerst gingen wir zur idyllischen St.-Hedwig-Kapelle, umgeben von alten Gärten und Obstwiesen.
Während Ralf draußen malte, betrachtete ich die Gegend. Ich konnte meinen Blick nicht von den herrlichen alten Bäumen abwenden, deren Äste sich unter der Last der Früchte biegen … und doch sammelt sie heute niemand mehr.

Foto: Małgorzata Janik
Erinnerung an alte Obstgärten
Ein Sommer voller Obstduft gehört zu meinen stärksten Kindheitserinnerungen. Ich liebe die Erde und setze die Familienleidenschaft für den Gartenbau fort. Die Großeltern von tatą und mama hatten große Höfe, darunter einen riesigen Obstgarten, hauptsächlich mit riesigen Kirschbäumen, aber es wuchsen auch Birnen, Äpfel, Aprikosen, edle Pfirsiche und Pflaumen.
Meine Lieblingssorte sind die weißen, frühreifen Pflaumen, ähnlich den Zwetschgen, sehr süß und fleischig. Aus ihnen bereitete babcia köstliches Kompott oder Kissel für den Nachmittagskaffee zu. Ein Hauch von Zimt und Nelken verstärkte den Geschmack.
Pflaumen trugen Früchte von Juli bis Anfang November. Auch heute noch ist es so in dem Garten, den ich von tatą geerbt habe. Zwar stehen dort nur ein paar Bäume, doch das sind bereits neue Sorten. Die alten Obstsorten findet man noch in zahlreichen verlassenen Obstgärten in meiner Umgebung, die sich seit Jahrhunderten erfolgreich mit Obstanbau beschäftigt hat.
Heute betreiben nur noch wenige Höfe im Schutz der Trzebnickie-Hügel den Anbau im großen Stil, und selbst diese werden leider mit jeder Saison weniger.

Fotos: Małgorzata Janik
Ein Klassiker: der Pflaumenkuchen
Pflaumenkuchen ist sicherlich ein Klassiker unter den schlesischen Backwaren. Mit Liebe gebacken, mit Streuseln oder ohne, aus verschiedenen Teigarten – am meisten schätze ich die Kombination aus saftigem, intensiv violettem Obst und fluffigem Hefeteig.
In alten Zeitschriften habe ich ein Rezept und auch eine Anekdote gefunden, die mit dem schlesischen Nobelpreisträger Gerhart Hauptmann verbunden ist:

Kritik
Gerhart Hauptmann saß in seinem Garten, trank Kaffee und aß genüsslich Pflaumenkuchen. Eine Wespe kam, angelockt von der Süße. Der Dichter begann, mit dem Löffel in der Luft zu fuchteln, um sie zu vertreiben.
Besorgt rief seine Frau:
– Lass sie! Die sticht dich noch!
Hauptmann blickte erstaunt:
– Warum? Sie kennt mich doch gar nicht!
(in: Schlesische Monatshefte. Blätter für Kultur und Schrifttum der Heimat. VIII 1932, Nr. 8)
Gerhart Hauptmann wurde in Bad Obersalzbrunn (heute Szczawno-Zdrój) geboren. Seit 1891 lebte und wirkte er im Riesengebirge: zuerst in Schreiberhau (heute Szklarska Poręba), später in Agnetendorf (heute Jagniątków). Zeit seines Lebens war er eng mit Niederschlesien verbunden, was sich in seinen Werken widerspiegelt, in denen die Figuren oft im Gebirgsschlesisch sprechen. Hauptmann beherrschte diesen Dialekt fließend und verband in seiner Kunst das reiche sprachliche, historische und zeitgenössische Erbe Niederschlesiens mit großer Sensibilität.
Pflaumenkuchen ist sicherlich ein Klassiker unter den schlesischen Backwaren. Mit Liebe gebacken, mit Streuseln oder ohne, aus verschiedenen Teigarten – am meisten schätze ich die Kombination aus saftigem, intensiv violettem Obst und fluffigem Hefeteig.
Wenn wir also unseren nächsten Wochenendausflug planen (unsere Wege werden sicher Spuren von Hauptmanns Werk kreuzen), habe ich in solch literarischem Ambiente Pflaumenrollen gebacken. Serviert mit lauwarmem Kompott oder nachmittäglichem Kaffee betonen sie sicher die gemeinsamen Momente auf der Terrasse oder im Garten. Und vielleicht sitzen wir während der Reise bei einem Stück Hefekuchen mit Pflaumen?
Zutaten:
300 g Mehl / 20 g frische Hefe / 35 g Zucker / 30 g Butter (geschmolzen und auf Zimmertemperatur abgekühlt) / 150 ml Milch (lauwarm) / 2 Eier / eine Prise Salz / 300 g Pflaumen / 1 EL Zucker / 3 EL Puderzucker (oder nach Belieben)

Zubereitung:
Mehl in eine Schüssel sieben und in der Mitte eine Mulde machen. Die Hefe hineinbröckeln, etwas Zucker, etwas Mehl und lauwarme Milch dazugeben und zu einem Vorteig verrühren. Zugedeckt ca. 20 Minuten gehen lassen.
Dann die restlichen Zutaten hinzufügen und einen glatten Teig kneten. Die Milch nach und nach zugeben und jeweils gut einkneten. Der Teig sollte elastisch sein und nicht an den Händen kleben. An einem warmen Ort etwa 60 Minuten zugedeckt gehen lassen, bis er sich verdoppelt hat.
Den gut aufgegangenen Teig erneut durchkneten, ausrollen und in 10 Streifen teilen. Jeden Streifen mit halbierten Pflaumen belegen, mit Zimt und etwas Zucker bestreuen und dann der Länge nach aufrollen.
Die Rollen in eine mit Butter gefettete Backform setzen und im vorgeheizten Ofen bei 180 °C ca. 35 Minuten goldbraun backen.
Die noch warmen Hefeteilchen großzügig mit Puderzucker bestäuben. Sie schmecken am besten frisch.

Foto: Małgorzata Janik
Pflaumenkompott:
500 g Pflaumen (Renkloden, Zwetschgen oder Mirabellen) / 10 g Zucker / ¼ Liter Wasser
Zimt / 2 Nelken / 1 Kardamomkapsel / Zitronenschale

Die gewaschenen und entsteinten Pflaumen in einem Zucker-Wasser-Sud mit den Gewürzen weichkochen.
Meine Großmutter Zofia dickte das Kompott immer mit etwas Kartoffelstärke an. So schmeckte es uns am besten.
Mein Tipp:
Wenn du die Pflaumen häuten möchtest, leg sie vor dem Entsteinen ein paar Minuten (im Sieb) in kochendes Wasser. Danach lässt sich die Haut leicht abziehen.