Schneller auf zwei Rädern durch das Ballungsgebiet

wochenblatt.pl 2 godzin temu
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In Europa gelten besonders die Niederländer als Nation der Radfahrer. Das Fahrrad wird aber auch in anderen Staaten, besonders in europäischen Großstädten, immer beliebter als erste Wahl für den Weg zur Arbeit. Dieser Trend kommt langsam in Oberschlesien an, wo im Osten der Region das erste Radschnellwegnetz der Region entsteht.

Eine Schnellstraße für Radfahrer

Wer an Schnellstraßen denkt, hat im ersten Moment eher den motorisierten Verkehr im Sinn. Doch diese gibt es auch für Radfahrer. Radschnellwege sind ähnlich wie Autobahnen und für die bequeme und schnelle Anreise von Pendlern gedacht, die den Radlern eine hohe Geschwindigkeit ermöglichen sollen. Das wird dadurch erreicht, dass sie nicht nur durch ihre Breite (mindestens vier Meter) das Überholen erleichtern und gut asphaltiert sind, sondern gezielt kreuzungsarm und getrennt vom normalen Straßenverkehr gebaut werden. So wird das häufige Anhalten und erneute Beschleunigen an Ampeln deutlich reduziert, und die Radfahrer kommen schneller an ihr Ziel. Radschnellwege sollen insbesondere Umland, Städte und Stadtteile miteinander verbinden. Im Zentrum der Planer stehen hierbei vor allem Menschen, die zur Arbeit, zur Schule oder zur Universität im Alltag Strecken von 5 km bis 30 km zurücklegen. Es geht also nicht um Infrastruktur für den gemütlichen Wochenendausflug, sondern für den Alltagsverkehr. Damit das ganzjährig funktioniert, gehört zum Radschnellweg auch eine entsprechende Beleuchtung und ein Winterdienst.

Das geplante Radschnellwegnetz der GZM
Quelle: https://metropoliagzm.pl/wp-content/uploads/2022/05/Mapa_Velostrada_GZM_140x100.pdf

Das Konzept der Radschnellwege ist überraschenderweise älter als die Idee der Autobahn und wurde erstmals in den USA mit dem California Cycleway im Jahr 1900 ausprobiert. Vorreiter der modernen Radschnellwege sind die Niederlande und Dänemark, welche seit den 1980er Jahren Radschnellwegnetze gebaut haben. Diese gelten auch als Inspiration für Deutschland, wo seit den 2010er Jahren Radschnellwege gebaut werden. Der erste deutsche Radschnellweg wurde 2015 zwischen Mülheim an der Ruhr und Essen eröffnet. Bei Fertigstellung soll der Radschnellweg Ruhr (RS1) mit 115 km zu den längsten in Europa gehören.

Lage im oberschlesischen Ballungsraum

Das oberschlesische Industriegebiet ähnelt in seiner Struktur dem Ruhrgebiet in Deutschland. Beide sind geografisch geprägt von einem komplexen Zusammenspiel aus urbanen Industriezentren, landwirtschaftlichen Flächen und bewaldeten Bereichen. Mit seinen 2,1 Millionen Einwohnern ist das Gebiet der oberschlesisch-dąbrowschen Metropole (Górnośląsko-Zagłębiowska Metropolia, GZM) heute der zweitgrößte Ballungsraum Polens. Entsprechend groß ist der Berufsverkehr in und zwischen den Städten der Region, in der weiterhin das Privatauto und der öffentliche Nahverkehr dominieren. Entsprechend ist auch die Infrastruktur auf den motorisierten Verkehr ausgelegt. Im Gegensatz zu Deutschland sah man in Polen das Fahrrad lange Zeit vor allem als sportliches Freizeitangebot und nicht als Verkehrsmittel für den Alltag.

Die Perspektive auf das Fahrrad ändert sich bei den Stadtplanern im oberschlesischen Industriegebiet. So wurden die ersten Konzepte für ein Radschnellwegnetz im oberschlesischen Industriegebiet schon in zwei Studien in den Jahren 2013 und 2016 erarbeitet. Ein wichtiger Impuls war die Gründung des Metropolverbands GZM 2017, welcher die Stadtordnung und Raumplanung sowie die generelle Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedskommunen stärken sollte. Dies war im Bereich der Fahrradinfrastruktur nötig. Selbst wenn z. B. eine Stadt Fahrradwege zur Nachbargemeinde baut, die Nachbarn aber nicht, bleibt der Radverkehr begrenzt. Entsprechend entwickelte der Metropolverband ein Metropolfahrradwegenetz, das die Fahrradwege der 41 Mitgliedsgemeinden aufeinander abstimmt und gemeinsame Standards einführt. Die bauliche Umsetzung begann 2020.

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Das Herzstück des Fahrradverkehrs der Region soll aber ein Netz aus Radschnellwegen werden. Auf dieses haben sich der Metropolverband GZM und elf seiner Gemeinden 2022 geeinigt. Dieses sieht insgesamt elf Strecken mit einer Gesamtlänge von 120 km vor. Geplant sind u. a. Verbindungen von Kattowitz nach Sosnowiec (Velostrada 1), von Kattowitz über Laurahütte, Königshütte, Beuthen nach Piekar (Velostrada 2) oder zwischen Beuthen und Tarnowitz (Velostrada 5). Der erste Abschnitt des Streckennetzes von 4,4 km wurde im Frühjahr 2024 zwischen den Kattowitzer Stadtteilen Brynów und Gieschewald eröffnet. Als Teil der Velostrada 6 soll sie bis Myslowitz führen.

Fahrrad statt Eisenbahn

Für den Bau der Radschnellwege sollen insbesondere stillgelegte Eisenbahntrassen genutzt werden. Dies hat den Vorteil, dass sie wegen der Vornutzung flach sind und keine zu scharfen Kurven in ihrem Verlauf haben. Sie sind auch kreuzungsarm und gut vom Autoverkehr getrennt. Im besonderen Fokus stehen dabei die ehemaligen Sandbahnen, welche früher Bergwerke belieferten. Eine Herausforderung bleibt die Sicherstellung der ehemaligen Bahntrassen für den Radschnellwegebau. Dies zeigt ein Konflikt im Kattowitzer Stadtteil Burowiec, wo ein Investor eine Wohnsiedlung auf der Trasse der geplanten Velostrada 1 bauen wollte. Dies war einer der Gründe für die Proteste von Anwohnern und von Umweltverbänden. Der Konflikt ging durch alle gerichtlichen Instanzen, welche letztendlich zu Gunsten der Einwohner entschieden.

„Fahrradfahren ist gesund. Es stärkt das Herz-Kreislaufsystem, reduziert Stress und dank der verbesserten Durchblutung des Gehirns erhöht es auch die intellektuelle Leistungsfähigkeit. Dass es das Budget und die Umwelt schont, kommt als Bonus hinzu.“

Fazit

Fahrradfahren ist gesund. Es stärkt das Herz-Kreislaufsystem, reduziert Stress und dank der verbesserten Durchblutung des Gehirns erhöht es auch die intellektuelle Leistungsfähigkeit. Dass es das Budget und die Umwelt schont, kommt als Bonus hinzu. Damit mehr Menschen in den Genuss von diesen Vorteilen kommen, ist eine entsprechende Infrastruktur nötig. Dass diese nun entsteht, ist auch von Vorteil für Autofahrer. Denn jeder, der schon den Berliner Verkehr kennengelernt hat, weiß, dass die räumliche Trennung von Fußgänger-, Auto- und Radverkehr schlicht sicherer ist – für alle Beteiligten.

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