Während der 56. Verbandsratssitzung des VdG haben die Delegierten heute (31.05.2025) zwei Resolutionen verabschiedet:
die erste – „Vergessene Opfer der Nachkriegsverfolgungen“, verabschiedet anlässlich des 80. Jahrestags des Endes des Zweiten Weltkriegs,
und die zweite – anlässlich des 35. Jahrestags der Unterzeichnung des Deutsch-Polnischen Vertrags über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit, betreffend die Wiederaufnahme der Arbeit des Deutsch-Polnischen Runden Tisches.
Warum ist die Annahme dieser Resolutionen für das Umfeld der deutschen Minderheit in Polen so wichtig? Wir haben die Führungspersönlichkeiten dieser Gemeinschaft befragt.
Zumindest „Entschuldigung“
Marin Lippa (Vizevorsitzender des VdG-Vorstands, Woiwodschaft Schlesien):
„Die erste Resolution ist für uns besonders wichtig. Sie betrifft nämlich die in Polen und anderen Teilen Europas lebenden Deutschen, die nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs schreckliches Unrecht erfahren haben. In Ländern wie Rumänien oder Ungarn wurde dies bereits in gewissem Maße geregelt, aber in Polen warten wir bis heute vergeblich auf ein längst erwartetes Wort ‚Entschuldigung‘…
Ich persönlich habe das, was nach dem Krieg geschehen ist, sehr mitgenommen, weil das Unrecht, von dem die Rede ist, auch meine Familie direkt betroffen hat und ich ohne meine beiden Großväter aufgewachsen bin. Beide nahmen nicht am Zweiten Weltkrieg teil, wurden aber unmittelbar nach Kriegsende interniert. Einer konnte wegen schlechter Gesundheit entlassen werden, der andere gelang die Flucht. Leider sind beide ein Jahr später an den Folgen der Internierung gestorben.
Mein Vater wurde mit 15 Jahren wegen einer Bagatelle verhaftet und kam ins Lager in Koźle, später ins sogenannte Jugendlager in Jaworzno. Er hat dort ein so schreckliches Trauma erlebt, dass er sein Leben lang nicht darüber sprechen konnte.

Foto: Stefani Koprek
Zusammenfassend: Wir verdienen – und erwarten – vom polnischen Staat wenigstens ein Wort der Entschuldigung. Ein Wort, auf das wir bisher vergeblich warten.
Was die zweite Resolution und die Themen des Runden Tisches betrifft – ich kenne das Thema sehr gut. Ich habe an allen bisherigen Treffen des Runden Tisches teilgenommen, bei denen wichtige Themen sowohl für die deutsche Minderheit in Polen als auch für die Polonia in Deutschland besprochen wurden. Deshalb bedaure ich, dass seit dem letzten Treffen so viel Zeit vergangen ist. Auch wenn wir manchmal mit Zweifeln oder Unzufriedenheit herausgingen, waren diese Treffen aus meiner Sicht immer wichtig!“
Ein Moment zur Ordnung
Sylwia Kus (Vizevorsitzende des VdG-Vorstands, Woiwodschaft Oppeln):
„Beide Resolutionen wurden angenommen, was mich nicht überrascht – beide sind für das Umfeld der deutschen Minderheit außerordentlich bedeutsam.
Die erste Resolution hat eine symbolische Bedeutung. Sie betrifft die Nachkriegsverfolgungen der deutschen Zivilbevölkerung auf dem Gebiet des heutigen Polens. Die meisten dieser Menschen sind bereits verstorben und haben nie ein Wort der Entschuldigung gehört. Auch ihre Nachkommen warten darauf. Es wird höchste Zeit, dass sich das ändert und dieses Wort endlich ausgesprochen wird.
So wollen wir auch der jungen Generation zeigen, wie wichtig lokale Geschichte ist. Über die Oberschlesische Tragödie in den Woiwodschaften Schlesien und Oppeln sprechen wir oft, erinnern und diskutieren darüber – aber man darf nicht vergessen, dass eine gewaltige, ja erschreckende Tragödie auch außerhalb Schlesiens stattfand, z. B. in Pommern, auf Evakuierungsschiffen, wo die Opferzahl über 20.000 betrug!

Foto: Stefani Koprek
Ich habe keinerlei Zweifel daran, dass die Geschichte der Nachkriegsverfolgungen und vergessenen Opfer sehr wichtig ist und ein größeres Bewusstsein in der polnischen Bevölkerung erreichen sollte.
Die zweite Resolution betrifft den 35. Jahrestag der Unterzeichnung des Deutsch-Polnischen Vertrags über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit. Auch das ist ein guter Moment, um daran zu erinnern, dass es Bereiche gibt, die vergessen wurden und wieder aufgebaut werden müssen. Dazu gehört zum Beispiel der Deutschunterricht.
Ich denke, jetzt – in Zeiten politischer Veränderungen sowohl in Polen als auch in Deutschland – ist der richtige Zeitpunkt gekommen, um diese Angelegenheiten zu ordnen und zu verbessern.“
Krzysztof Świerc