Das Zentrum des evangelischen Lebens in Bielitz-Biala
Der Zion ist ein heiliger Ort, verbunden mit dem Jerusalemer Tempel, den König Salomo errichten ließ. Er ist auch ein Symbol für die gesamte Stadt Jerusalem und ihre Bewohner – die Kinder Zions, das auserwählte Volk Gottes. Der Bielitzer Zion in Bielitz-Biala greift dieses Bild auf: Er ist das Zentrum des evangelischen Lebens der Stadt – ein Ort der Gemeinschaft und des Glaubens.
Bielitzer Zion
An der Grenze zwischen Unter- und Obervorstadt in Bielitz-Biala befindet sich dieses besondere Stadtgebiet, das seit über 240 Jahren das Herz der evangelischen Gemeinde bildet. Es umfasst das Gebiet rund um den Martin-Luther-Platz, auf dem sich Kirche, Schulen und zahlreiche evangelische Einrichtungen befinden.

Foto: Andrea Polanski
Anhänger der Lehren Martin Luthers lebten schon im 16. Jahrhundert in Bielitz, mussten ihren Glauben aber lange Zeit im Verborgenen ausüben. Einen Wendepunkt brachte das Toleranzpatent Kaiser Joseph II. aus dem Jahr 1781: Von nun an durften die Evangelischen in der Stadt Kirchen und Schulen errichten. 1782 wurde die evangelische Gemeinde gegründet, die Bielitz und die umliegenden Dörfer umfasste. Während des ersten Gottesdienstes verwendete Pfarrer Jan Traugott Bartelmus erstmals die Bezeichnung „Bielitzer Zion“, die sich dauerhaft durchsetzte.
„Heute ist der Bielitzer Zion nicht nur ein Ort der Geschichte, sondern auch der Bildung und des gesellschaftlichen Lebens.“
In den folgenden Jahrzehnten entstanden Schulgebäude, die Erlöserkirche, ein Lehrerseminar, ein Waisenhaus und ein Diakonissenhaus. Viele dieser Gebäude sind bis heute erhalten oder wurden modernen Bedürfnissen angepasst: Im ehemaligen Seminar befindet sich heute die Hochschule für Verwaltung, während das frühere Waisenhaus als Evangelisches Pflegeheim „Soar“ dient.
Der bekannteste Punkt des Bielitzer Zions ist das Lutherdenkmal, das am 8. September 1900 feierlich enthüllt wurde. Das Monument hat nicht nur lokale Bedeutung – in der gesamten Habsburgermonarchie gab es nur zwei Lutherdenkmäler: eines im böhmischen Aš und das andere in Bielitz. Nach dem Ersten Weltkrieg, als die Stadt zu Polen kam, wurde es zum einzigen Lutherdenkmal im Land. Der Reformator in Talar, mit der Bibel in der Hand, steht bis heute auf einem Granitsockel im Zentrum des Martin-Luther-Platzes und erinnert an die Geschichte und Tradition der Bielitzer Evangelischen.

Foto: Andrea Polanski
Heute ist der Bielitzer Zion nicht nur ein Ort der Geschichte, sondern auch der Bildung und des gesellschaftlichen Lebens. Den Martin-Luther-Platz umgeben Schulen, das ehemalige Seminargebäude und der Verlag Augustana. Im Pfarrhaus der Erlöserkirche hat der Bielitzer Zweig der Polnischen Evangelischen Gesellschaft seinen Sitz. Es ist ein Raum, in dem Geschichte und Gegenwart zusammenfließen und die evangelische Tradition weiterhin lebendig bleibt.