Vom evangelischen Gotteshaus zum katholischen Heiligtum
Die Geschichte der heutigen Kirche der Barmherzigkeit Gottes in Krappitz reicht bis ins 18. Jahrhundert zurück und ist ein Beispiel für die bewegte Vergangenheit der Sakralbauten in Oberschlesien. Sie spiegelt die politischen, religiösen und gesellschaftlichen Umbrüche dieser Region wider.
Die Anfänge
Bereits 1744 unternahmen die Protestanten in Krappitz ihre ersten Versuche, eine eigene Kirche zu errichten. Bis dahin versammelten sie sich in den Räumen des Krappitzer Schlosses. Ein entscheidender Schritt erfolgte 1780, als der Kammerdiener der Familie von Redern ein Grundstück für den Bau zur Verfügung stellte und zudem sein Tafelsilber spendete. Gleichzeitig übergab auch der Chirurg Samuel Martini der evangelischen Gemeinde Land, um das Vorhaben zu unterstützen. Doch trotz dieser Schenkungen fehlten lange Zeit die nötigen finanziellen Mittel. Erst 1825 begann die evangelische Gemeinde offiziell mit einer Sammlung. Ein Jahr später lag die Baugenehmigung des preußischen Kaisers vor. Bauern aus der Umgebung halfen, Steine aus den nahegelegenen Steinbrüchen heranzuschaffen. Am 19. Juli 1854 wurde feierlich der Grundstein gelegt. Nachdem die Fundamente gegossen und ein 80 Zentimeter hohes Fundament mit einem Ziegelkranz errichtet worden war, mussten die Arbeiten jedoch aus Geldmangel eingestellt werden. Erst 1857, durch die finanzielle Unterstützung des Gustav-Adolf-Vereins, konnten die Bauarbeiten wieder aufgenommen werden. Am 8. November 1858 wurde die Kirche schließlich eingeweiht. Ihr Patron war der heilige Paulus.
Wachstum und Ausbau im 19. Jahrhundert
In den folgenden Jahrzehnten entwickelte sich die Gemeinde stetig weiter. 1866 wurden drei gusseiserne Glocken angeschafft, die im Kirchturm Platz fanden. 1874 renovierte man das Pfarrhaus, und zum 50-jährigen Bestehen 1908 erhielt die Kirche eine umfassende Erneuerung und einen neuen Anstrich.
„Die wechselvolle Geschichte der Kirche in Krappitz ist ein Symbol für die tiefgreifenden Veränderungen, die Oberschlesien im Laufe der Jahrhunderte geprägt haben.“
Weder der Erste Weltkrieg noch die schlesischen Aufstände hinterließen Schäden an der Kirche. Auch im Zweiten Weltkrieg blieb das Gebäude weitgehend unversehrt, lediglich das Innere wurde geplündert und die Fenster eingeschlagen. 1950 erhielt die Kirche einen neuen Altar aus einer evangelischen Kirche, der 1953 restauriert wurde. Ein Jahr später wurde das Kircheninnere erneut ausgemalt.
Niedergang und Wiederbelebung
Nach der Grenzverschiebung 1945 und der Eingliederung Krappitz in Polen nahm die Zahl der Protestanten kontinuierlich ab. 1960 musste die Kirche wegen der geringen Gläubigenzahl geschlossen werden. 25 Jahre lang stand sie leer und verfiel langsam – ein stummer Zeuge der Umbrüche, die Oberschlesien und seine konfessionelle Vielfalt geprägt haben.

Foto: ap
Ein neuer Anfang erwartete die Kirche 1985 – das Bistum Oppeln erwarb auf Initiative von Bischof Alfons Nossol die verlassene Kirche von der evangelischen Gemeinde. Damit begann ein neuer Abschnitt in ihrer Geschichte. Eine umfassende Renovierung erfolgte zwischen 2000 und 2003. Am 16. Oktober 2004 weihte Weihbischof Paweł Stobrawa die Kirche feierlich und stellte sie unter das Patronat der Barmherzigkeit Gottes.
Architektur und Ausstattung
Die Kirche bewahrt ihre schlichte, für protestantische Sakralbauten des 19. Jahrhunderts typische Gestalt, wurde aber zugleich durch katholische Elemente ergänzt. Zwei Eingänge führen in den Innenraum. Der neobarocke Altar bildet das Zentrum. An der Stelle, an der sich einst die Kanzel befand, hängt heute ein Bild des Barmherzigen Jesus – eine originalgetreue Kopie des berühmten Gnadenbildes aus dem Sanktuarium in Krakau-Łagiewniki.
An den Wänden des Chorraums befinden sich zwei Gemälde: „Der Gute Hirte“ und „Die Erscheinung am See Genezareth“. Im Turm hängen weiterhin drei Glocken, von denen jedoch eine beschädigt ist.
Symbol für Oberschlesiens Wandel
Die wechselvolle Geschichte der Kirche in Krappitz ist ein Symbol für die tiefgreifenden Veränderungen, die Oberschlesien im Laufe der Jahrhunderte geprägt haben. Sie entstand aus dem Engagement und der Opferbereitschaft der evangelischen Gemeinde, überstand Kriege und Umbrüche, verfiel und wurde schließlich durch die katholische Kirche zu neuem Leben erweckt. Heute ist sie nicht nur ein Ort des Gebets, sondern auch ein lebendiges Zeugnis für das multikonfessionelle Erbe Krappitz’ und der gesamten Region.