Während der Breslauer Buchmesse (5.-8. Dezember) können Sie Patrick Starczewski, Historiker und Unternehmer, Autor des Buches „Von Lokomotiven zu Panzern. Vor der Pafawag. 100 Jahre der Linke-Hofmann-Werke (1839-1939)“ treffen. Das Buch ist im Breslauer Universitätsverlag erschienen.
Es ist ein Muss für alle, die mehr über die Wurzeln von Breslau als dynamisches Industriezentrum erfahren möchten. Die Linke-Hofmann Werke AG (LHW) sind eine Legende auf der historischen Landkarte des industriellen Breslaus. Anhand umfangreicher polnischer und deutscher Archive entdeckt der Autor, wie aus einem kleinen Handwerksbetrieb ein Wirtschaftsriese wurde.
1839 erhielt Linke einen ungewöhnlichen Auftrag: 100 offene Eisenbahnwaggons.
Sättel und Kutschen
Gottfried Linke (1792-1867) war ein Breslauer Handwerker, der für seine Beharrlichkeit und seinen Fleiß bekannt war. In seiner Werkstatt in der heutigen ul. Rzeźnicza 32 stellte er Sättel her und baute Kutschen. 1839 erhielt Linke einen ungewöhnlichen Auftrag: 100 offene Eisenbahnwaggons. Er sollte sie an die Gesellschaft liefern, die die Oberschlesische Eisenbahn baute, die Breslau mit Oberschlesien verbinden würde. Der Auftrag für die Waggons wurde von Linkes neuem Unternehmen, das unter dem Namen Wagenbauanstalt Gottfried Linke firmierte, ausgeführt. Nach dem Tod von Gottfried Linke im Jahr 1867 übernahmen seine Söhne das Unternehmen, das sich nunmehr Gottfried Linkes Söhne Waggonfabrik Breslau nannte.
Die Eisenbahn ist die Zukunft
Mit der Entwicklung der Eisenbahn wuchs die Fabrik rasch. Im Jahr 1861 begannen die Gebrüder Linke neben Waggons auch Lokomotiven zu produzieren. Im Jahr 1871 wurde die Fabrik von der Breslauer AG für Eisenbahn-Wagenbau aufgekauft, was eine weitere Entwicklung der Fabrik ermöglichte. Im Laufe der Zeit wurden die Produkte von Linke in Breslau auf internationalen Ausstellungen anerkannt: 1900 auf der Weltausstellung in Paris, 1906 auf der Mailänder Ausstellung und 1910 sowohl auf der Internationalen Eisenbahn- und Landverkehrsausstellung in Buenos Aires als auch auf der Weltausstellung in Brüssel.
Zusammenschluss von Konkurrenten
Ein lokaler Konkurrent der Fabrik der Linke-Söhne waren die Gebrüder Hofmann, die mit der Herstellung von Feuerwehrnetzen und Holzbearbeitungsmaschinen begannen. Im Laufe der Zeit wechselten auch die Hofmanns ihren Geschäftszweig – so entstand die Hofmann Gebr. & Co. Wagenfabrik AG. Die Hofmanns stellten Eisenbahn- und Straßenbahnwagen her. In der Blütezeit im Jahr 1908 beschäftigte die Fabrik 1.000 Mitarbeiter. Die Fusion der beiden konkurrierenden Unternehmen zu einem Konzern im Jahr 1912 war ein Meilenstein für die Breslauer Industrie. Das neue Unternehmen trat unter dem Namen Linke-Hofmann-Werke AG auf. Es war damals der größte Industriebetrieb in Breslau und einer der größten Kutschen- und Lokomotivenhersteller in Europa. Die Zahl der Beschäftigten stieg rasch an: 1935 arbeiteten 1.600 Menschen bei LHW, 1939 waren es bereits 3.340.
Für das Militär
Während der beiden Weltkriege stellten die Linke-Hofmann-Werke ihre Produktion auf die Bedürfnisse des Militärs um. Flugzeuge, gepanzerte Züge, Halbkettenschlepper und Bauteile für Hitlers Geheimwaffe, die V2-Raketen, wurden damals in der Fabrik hergestellt, unter anderem mit Hilfe von Zwangsarbeitern aus Polen. Dies war einer der Gründe, warum das Werk bei der Belagerung der Festung Breslau weitgehend zerstört wurde. Nach dem Krieg wurde die Fabrik von der polnischen Seite übernommen und als PAFAWAG in Betrieb genommen. Bereits im Oktober 1945 verließ der erste dort produzierte Kohlewagen die Produktionshalle, 1948 waren es bereits 10.000 Wagen. Ab 1946 begann das Werk mit der Produktion von Straßenbahnen für den öffentlichen Nahverkehr der Hauptstadt. In den 1950er Jahren wurden auch Bahnsteige und Personenwagen hergestellt.
Geschichte der lokalen Industrie
Das Buch von Patrick Starczewski ist das erste, das die Geschichte der Industrie Breslaus ausführlich in polnischer Sprache beschreibt. Es enthält nicht nur Geschichten über Lokomotiven und Panzer, sondern auch über technologische Innovationen, politische Unruhen und das Alltagsleben der Beschäftigten. Dank der klaren Sprache und der farbenreichen Beschreibungen wird das Buch sowohl für Geschichtsinteressierte als auch für diejenigen interessant sein, die auf der Suche nach inspirierenden Beispielen für die unternehmerische Entwicklung sind. Es ist eine einzigartige Gelegenheit, einen wichtigen Teil des Erbes von Breslau kennenzulernen und besser zu verstehen, wie die lokale Wirtschaft das Schicksal Europas beeinflusst hat. Das Buch enthält mehr als 200 Abbildungen und Fotografien, von denen viele unveröffentlicht sind, und zeigt zudem Pläne der architektonischen und städtebaulichen Gestaltung der Fabrik.
Autorentreffen mit Patrick Starczewski, 8. Dezember, 12 Uhr, Gelber Saal in der Jahrhunderthalle während der Breslauer Messe der Guten Bücher. Die Diskussion wird von Professor Tomasz Głowiński moderiert.