Klein, aber fein
Es nahmen nur wenige Grundschüler, die im Kreis Neidenburg Deutsch als Sprache der nationalen Minderheit lernen, am diesjährigen Walter-Kollo-Wettbewerb des deutschen Liedes teil. Die sechste Ausgabe der Veranstaltung am 8. Mai im Rittersaal der Neidenburger Burg glänzte jedoch durch ein hohes Niveau. Eingeladen hatten die Gesellschaft der deutschen Minderheit in Neidenburg und die Grundschule „Johannes Paul II.“ in Grünfließ/Napiwoda.

Foto: Uwe Hahnkamp
Die landesweite Politik, die in den letzten Jahren die wöchentlichen Unterrichtsstunden für Deutsch als Sprache der nationalen Minderheit reduziert hatte, ist auch heute noch spürbar, obwohl die Diskriminierung inzwischen aufgehoben wurde. Für eine gute sprachliche Bildung – und erst recht für das Erlernen von Liedtexten und Melodien – sind mehr als eine Stunde pro Woche notwendig. Darüber hinaus haben einige Künstlerinnen inzwischen die Grundschule verlassen und dürfen beim Wettbewerb des deutschen Liedes nicht mehr antreten. Zu guter Letzt fiel krankheitsbedingt auch noch eine Kandidatin aus.

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Weniger Sängerinnen, breite Unterstützung
Den Organisatoren Sabina Reguła von der Neidenburger Gesellschaft der deutschen Minderheit und Rafał Ziółkowski, dem Direktor der Grundschule „Johannes Paul II.“ in Grünfließ, die den Wettbewerb auch moderierten, war es auch in diesem Jahr gelungen, die Veranstaltung auf breiter Basis zu finanzieren. Neben Geldern des deutschen Ministeriums des Inneren und für Heimat über den Verband der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen gab es Unterstützung aus der Region. Dabei steuerten der Bürgermeister von Neidenburg Jacek Kosmala als Schirmherr, der Landkreis Neidenburg, das Zentrum für Gemeinsame Dienstleistungen in Neidenburg, die Genossenschaftsbank in Neidenburg, die Konsumgenossenschaft „Społem“, sowie die Kreisgemeinschaft Neidenburg in Deutschland Mittel, Spenden und Hilfe bei.

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Der Namensgeber des Wettbewerbs ist übrigens einer der berühmtesten Neidenburger. Walter Kollo wurde 1878 geboren, und kam nach Arbeit in Theatern in Königsberg und Stettin nach Berlin, wo er sich ab 1910 mit Singspielen, Operetten und weiteren Werken der leichten Unterhaltung einen Namen machte. Einer seiner bekanntesten Titel ist „Die Männer sind alle Verbrecher“. Sein Sohn Willi trat in seine Fußstapfen, sein Enkel war der in Deutschland sehr bekannte Tenor Rene Kollo, und auch die Urenkelin Nathalia Kollo singt.

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Stilistische Bandbreite, gute Stimmen
Auf die Bühne wagten sich am Vormittag neun Sängerinnen aus Lahna/Łyna, Roggenhausen/Rogóż, Rontzken/Rączki und Grünfließ/Napiwoda in drei Altersklassen. Unter dem Bild von Walter Kollo trugen sie jeweils zwei Lieder vor, mit denen sie die Jury und das Publikum beeindrucken wollten. Mit Argusaugen und geschärften Ohren verfolgten die drei Mitglieder der Jury – Ela Łubkowska vom Chor der Neidenburger Gesellschaft der deutschen Minderheit, Marcin Bąkowski, der neben diesem Chor in Neidenburg noch zwei andere Chöre leitet, und Uwe Hahnkamp als Vertreter der deutschen Minderheit in der Region – die Auftritte.
Wenige Teilnehmer, aber viel musikalische Klasse – der Walter-Kollo-Wettbewerb überzeugte mit Qualität statt Quantität.
Jury, Eltern, Lehrerinnen und Organisatoren gleichermaßen sorgten in einer angenehmen Atmosphäre dafür, dass sich die Nervosität bei den Künstlern in Grenzen hielt. Trotzdem war sie bei ein, zwei kleinen technischen Verzögerungen zu spüren.
Nicht jedoch bei Maria Zuzanna Dytrych aus Grünfließ. Die Siegerin des letzten Jahres geht inzwischen in die achte Klasse der Grundschule und wird im nächsten Schuljahr auf das Lyzeum wechseln. Sie präsentierte das Lied „Die immer lacht“ von Kerstin Ott und wagte sich sogar an ein A-Cappella-Stück. Die restlichen Kandidatinnen und Kandidaten blieben bei musikalischer Begleitung von CD.

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…und der Walter geht an…
„Die immer lacht“ bescherte auch Lena Wizła aus Rontzken in der Kategorie der Klassen 4-6 den zweiten Platz. In dieser Altersgruppe hatte die Jury bei sechs Interpreten keine leichte Aufgabe, bei dem durchgängig hohen Niveau entschieden Kleinigkeiten beim Auftritt, bei der Singstimme oder beim Einfühlen in den Text. Das Spektrum der gewählten Lieder reichte von „Ich habe einen Papagei“ – Aleksander Korzeniecki als einziger Junge – bis zu Rammsteins „Die Sonne“, das Nikola Brudzińska ebenfalls aus Rontzken vortrug. Gewonnen hat letzten Endes Julia Skoniecka aus Lahna mit Rolf Zuckowskis „Als ich ein Baby war“.

Foto: Uwe Hahnkamp
Die „Walter“ – also Skulpturen mit Mikrophonen als Andenken – bekamen übrigens nicht nur die Sieger, sondern alle Teilnehmer, die Lehrerinnen für die Vorbereitung ihrer Schützlinge und die Jury für die schwierige Arbeit der Entscheidung. Diplome und Sachpreise verteilten in diesem Jahr Bożena Chmielewska, die Vizelandrätin des Kreises Neidenburg, und Joanna Dobroń, die Direktorin des Zentrums für Gemeinsame Dienstleistungen in Neidenburg. Zuletzt bleibt nur zu hoffen, dass einige Interpreten auch in Osterode beim woiwodschaftsweiten Wettbewerb des deutschen Liedes zu hören sein werden.

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