Für die Kasachstandeutschen ist das Weihnachtsfest einer der wichtigsten Feiertage im Kalenderjahr. In Kasachstan wird der 25. Dezember oft als „deutsche Weihnacht“ bezeichnet.
Schaut man sich die Weihnachtsfeste der Deutschen zu Sowjetzeiten an, so waren die überwiegend lutherischen Gläubigen dazu gezwungen, ihre Weihnachtsgottesdienste still und heimlich bei einem Nachbar aus dem Dorf in seiner Wohnung durchzuführen. Idealerweise sogar in seinem Keller. Dabei sang man im altdeutschen Dialekt die Lieder „Oh du fröhliche“ und „Stille Nacht“.
Zwischen Christkind und Pelznickel: Deutsche Weihnachtstraditionen in Kasachstan
Bereits zu dieser Zeit gab es die Weihnachtsfiguren Christkind und Pelznickel. Das Christkind – ein weiß gekleidetes junges Mädchen – brachte den Kindern die langersehnten Geschenke. Der Pelznickel (bei einigen auch Pelzebock) hingegen – eine Figur in einer Schuba gekleidet, mit einer Fellmütze auf dem Kopf und rußverschmiert – jagte den Kindern mit seiner Rute und der Frage, ob sie denn alle brav gewesen seien, große Angst ein. Anschließend mussten die Kinder Gedichte aufsagen und erst dann konnten sie sich dann an ihren Geschenken erfreuen. Süßigkeiten und Mandarinen brachten dabei die Kinderaugen zum Leuchten. Die beiden Figuren gibt es heute noch, nur die Geschenke sehen in der heutigen Zeit natürlich anders aus.
Bei den Kasachstandeutschen ist der Feiertagstisch während der Weihnachtstage reichlich gedeckt: Während bei einigen traditionell ein Weihnachtsbraten auf dem Tisch steht, bevorzugen andere die zentralasiatischen Gerichte wie Plow oder Manti. Die typischen Salate „Hering im Pelzmantel“ (Seledkapodschuboj – Schichtsalat bestehend aus Fisch, Kartoffeln, Karotten, Eiern und roter Bete) und Olivier (Kartoffeln, Karotten, Eier, Gurken und Erbsen mit Mayonnaise vermengt) allerdings dürfen dabei auf keinen Fall fehlen und finden bei allen Deutschen in Kasachstan einen Platz auf dem Esstisch.
Altdeutsche Lieder und Olivier-Salat: Ein Fest der Vielfalt
Mittlerweile leben einige auch die westdeutsche Tradition des Plätzchenbackens aus. Andererseits ist für viele aber das russlanddeutsche Gebäck Riewwelkuche ein Muss an den Feiertagen. Der Riewwelkuche besteht aus einem einfachen Hefeteig, dermit großen Streuseln (Riewwel) bedeckt wird.
Die Weihnachtsfeiertage sehen auch die Mitglieder der regionalen „Wiedergeburt“-Gesellschaften als einen Anlass, sich zu treffen und die ein oder andere Tradition ihrer Vorfahren auszuleben. Das Wichtigste für die Kasachstandeutschen am Weihnachtsfest ist jedoch: das familiäre Beisammensein und die Möglichkeit, die Geburt Jesu zu feiern.
Text: Annabel Rosin
Annabel Rosin ist ifa-Redakteurin bei der Deutschen Allgemeinen Zeitung in Almaty, Kasachstan