Am 4. Februar fand im Sejm eine Konferenz anlässlich des 20. Jahrestages der Verabschiedung des Gesetzes über nationale und ethnische Minderheiten statt. Die Gäste wurden von Ryszard Galla, Berater des Sejm-Marschalls für nationale und ethnische Minderheiten, begrüßt. Zu Beginn hielt der Sejm-Marschall der Republik Polen, Szymon Hołownia, hielt die Eröffnungsrede.
Wanda Nowicka, Vorsitzende des Ausschusses für nationale und ethnische Minderheiten (KMNiE), betonte in ihrer Rede: „Wir schließen kein Kapitel ab, sondern schlagen ein neues auf, damit sich die nationalen und ethnischen Minderheiten in Polen wirklich zu Hause fühlen und die Unterstützung sowohl des Sejm als auch der Regierung erhalten. Auf dass die Minderheiten ihre Identität richtig wahrnehmen können und in Bildung und Kultur unterstützt werden, damit sie sich wirklich zu Hause fühlen und zum kulturellen Erbe ganz Polens beitragen, wie sie es bisher getan haben“, sagte sie.
Entstehung und Bedeutung des Minderheitengesetzes
Das Gesetz vom 6. Januar 2005 war das Ergebnis langjähriger Arbeiten, Beratungen und Verhandlungen zur Regelung der Rechte nationaler und ethnischer Minderheiten in Polen. Seine Schaffung war eine Antwort auf die sich verändernden gesellschaftlichen Realitäten, Polens internationale Verpflichtungen und die Notwendigkeit, die kulturelle Vielfalt des Landes zu schützen. Das Gesetzes war Ausdruck der Sorge um das multikulturelle Erbe Polens und des Engagements des Staates, die Integration von Minderheiten in die Gesellschaft zu unterstützen und gleichzeitig ihre Eigenheiten zu respektieren. Es bildete die Grundlage für die staatliche Politik zum Schutz der Rechte nationaler und ethnischer Minderheiten.
Ausstellung des Hauses der Deutsch-Polnischen Zusammenarbeit
Anlässlich dieses Ereignisses hat das Haus der Deutsch-Polnischen Zusammenarbeit unter der Schirmherrschaft des Sejm-Marschalls Szymon Hołownia eine Ausstellung über nationale Minderheiten im öffentlichen Raum Polens realisiert und sie am 4 Febraur im Sejm ausgestellt. Die acht Schautafeln enthalten Informationen über die Herkunft der jeweiligen Minderheit und ihre Aktivitäten, die sie zur Erhaltung und Bereicherung des multikulturellen und multiethnischen Charakters des Landes unternehmen.
Im Anschluss an die Vernissage fand eine Konferenz über die Funktionsweise des Gesetzes über nationale und ethnische Minderheiten statt. Die gesamte Konferenz war in drei Podiumsdiskussionen unterteilt.
Geschichte und Bedeutung des Minderheitenausschusses
An die Bedeutung dieses bahnbrechenden Gesetzes, durch das nationale und ethnische Minderheiten in Polen Instrumente zum Schutz ihrer Identität und zur Förderung ihres kulturellen Erbes erhielten, erinnerten im ersten Panel „Das Gesetz über nationale und ethnische Minderheiten und Regionalsprachen – Geschichte und Bedeutung des Minderheitenausschusses des Sejm der Republik Polen“ Prof. Dr. hab. Grzegorz Janusz von der Maria-Skłodowska-Curie-Universität in Lublin, Eugeniusz Czykwin, ehemaliger Abgeordneter und Vorsitzender und stellvertretender Vorsitzender des Minderheitenausschusses, sowie Henryk Kroll, ehemaliger Abgeordneter und stellvertretender Vorsitzender des Minderheitenausschusses. Moderiert wurde die Diskussion von Ryszard Galla, Berater des Sejm-Marschalls für nationale und ethnische Minderheiten, und Prof. Dr. hab. Sławomir Łodziński von der Universität Warschau.
Wanda Nowickas Sicht
Im Panel mit dem Titel: „Funktionsweise des Gesetzes über nationale und ethnische Minderheiten und Regionalsprachen” erinnerte Wanda Nowicka, Vorsitzende des Minderheitenausschusses: „Es war ja eine offene Diskriminierung der deutschen Minderheit, um den Kindern einer bestimmten Minderheit zwei von drei Stunden ihrer Minderheitensprache pro Woche in der Schule zu nehmen. Der Ausschuss hat zu dieser Angelegenheit mehrfach Stellung genommen. Doch erst die jetzige Regierung konnte diesen verfassungswidrigen und unguten Beschluss zurücknehmen, der eine bestimmte Minderheit diskriminierte. Die uneingeschränkte Unterstützung aller Minderheiten für die deutsche Minderheit hat mich sehr beeindruckt; zeitweise hatte sogar die Gemeinsame Kommission ihre Arbeit eingestellt“.
Vergrößerung Oppelns auf Kosten der Minderheiten
Rafał Bartek, Vorsitzender des Verbandes deutscher Gesellschaften, verwies auf Artikel 5 des Gesetzes. „Dieser Artikel besagt, dass die Anwendung von Maßnahmen zur Assimilation von Minderheitenangehörigen verboten ist, wenn diese Maßnahmen gegen deren Willen erfolgen. Absatz 2: Der Einsatz von Maßnahmen, die auf eine Veränderung der nationalen oder ethnischen Zusammensetzung in von Minderheiten bewohnten Gebieten abzielen, ist verboten. Unterdessen wurde die Stadt Oppeln im Jahr 2017 auf Kosten von zwölf Ortschaften erweitert, von denen acht über zweisprachige Schilder verfügten, die heute nicht mehr vorhanden sind. Die Menschen aus diesem Umfeld, die heute dort leben, haben einen schwierigeren und anderen Zugang zu Bildung, zum politischen Leben und können sich dadurch nicht mehr so gut um die Interessen ihrer Minderheitsgemeinschaften kümmern“, erinnerte sich Rafał Bartek.
Zugang zur Kultur
Er zitierte ferner Artikel 6, der sich auf die Grundsätze der Gleichheit und Nichtdiskriminierung bezieht, die in allen Lebensbereichen, einschließlich des Zugangs zur Kultur, beachtet werden sollten.
„Inzwischen ist die Pflege und der Zugang zu unserer Kultur nur dank Subventionen des Ministeriums für Inneres und Verwaltung möglich. Wir haben, anders als die Mehrheit der Polen, nicht die Möglichkeit, unsere Kultur in Kulturzentren, Theatern oder Philharmonien zu pflegen. Die Gleichheit, die sich aus Artikel 6 ergibt, haben wir bisher also nicht erlebt. Es geht nicht darum, das Gesetz zu ändern, sondern den Umgang mit dem Gesetz zu verändern“, sagte Rafał Bartek und schlug vor: „Wir können uns zwei Wege vorstellen: Eine Option wäre die Erhöhung des Budgets für Minderheitengemeinschaften, und zwar mindestens um das Doppelte auf etwa 40 Millionen pro Jahr, was eine wirklich minimalistische Prognose ist. Der zweite Aspekt ist eine angemessene Bildungsreform im Hinblick auf Minderheitenfragen. Unsere Bilanz zeigt, dass der polnische Staat immer mehr für die Bildung von Minderheiten ausgibt, trotzdem nimmt die Zufriedenheit dieser Minderheiten ab. Hinzu kommt, dass die Minderheitengemeinschaften schrumpfen, es stimmt also etwas nicht. Dies sind nicht nur unsere Empfehlungen, sondern auch die Empfehlungen der Experten des Europarats, die sagen, dass hier echte Reformen erforderlich sind, eine andere Herangehensweise für eine hochwertige Bildung von Minderheiten.“
Anita Baraniecka/Manuela Leibig